126 Die Organisation. Die Behörden. 8 40
bilden. Ist der Zolldienst mit dem eines Finanzamtes vereinigt, so führt letzteres die
Bezeichnung Hauptsteueramt.
Neben den Finanzämtern stehen ebenfalls in Unterordnung unter die Steuer-
direktion die zur Feststellung der direkten Steuerschuldigkeiten berufenen und an die
Mitwirkung der in den einzelnen Gemeinden gebildeten Schätzungsräte
gebundenen Steuerkommissäre.
Die Finanzämter sowie die Hauptzollämter besitzen bei Ausübung der staatlichen
Finanzgewalt das Recht zur Straffestsetzung und Vollstreckung 1). Das Hauptzollamt
Mannheim übt im Hafengebiet als Hafenbehörde zugleich die gesamte Polizeigewalt
aus 2).
Als unterste Behörde benützt die Finanzverwaltung in den einzelnen Gemeinden
des Landes die Steuererheber, die bald als Steuereinnehmer, bald nur als
Untererheber angestellt sind 3).
§ 40. Die Verwaltungsgerichte"). 1. Geschichtliche Entwickelung.
Die Einführung einer eigenen Verwaltungsrechtspflege, mit der Baden den anderen
deutschen Staaten voranging, erfolgte bereits gelegentlich der Neuorganisation
der ganzen inneren Verwaltung im Jahre 1863. Vordem lag die Entscheidung
aller Streitigkeiten des öffentlichen Rechtes, soweit nicht die bürgerlichen Gerichte
für zuständig erklärt worden waren 5), ausschließlich in der Hand der gewöhn-
lichen Verwaltungsbehörden, und die Behandlung geschah nach den für das
Verfahren in Verwaltungssachen geltenden Vorschriften 5).
Das Gesetz vom 5. Oktober 1863 bestimmte nun, daß dem durch Zuzug von
bürgerlichen Elementen geschaffenen Bezirksverwaltungskollegium eine Reihe von
Streitigkeiten des öffentlichen Rechtes zur Entscheidung in einem besonders aus-
gestalteten Verfahren zugewiesen werden sollten und schuf außerdem als höhere
Instanz zur Nachprüfung dieser Entscheidungen, zugleich aber auch mit einer
eigenen selbständigen Kompetenz in erster Instanz betraut, ein neues, aus Be-
rufsbeamten gebildetes, nur der Rechtsprechung gewidmetes, Kollegium in dem
Verwaltungsgerichtshofe.
Die Streitigkeiten, in denen der Bezirksrat nach dem besonderen Verfahren
zu entscheiden hatte, betrafen vor allem Differenzen zwischen den Gemeinden
und ihren Mitgliedern über Beiträge und Leistungen, zwischen verschiedenen Ge-
meinden über Gemarkungsrechte, Armenrechtssachen usw., Streitigkeiten über Jagd-
und Fischereirechte und Wahlberechtigungen. Der Verw. Ger. Hof sollte in erster
1) §J 126 EG. zu dem RJG. vom 3. März 1879 (G.u. VOl. S. 805), Str PO. 58 459 ff.
2) VO. v. 31. Oktob. 1896 (G.u. VOBl. S. 387).
T 3) Ueber die Bezirks- u. Lokalbehörden der Eisenbahnverwaltung vgl. unten im
exte § 114.
4) Literatur: Weizel a. a. O. S. 96; Koppa. a. O. S. 49 ff., S. 84 ff. u. S. 192—358
(Kommentar zum Ges. vom 14. Juni 1884); Schenkel, Art. Verwaltungsgerichtsbarkeit in
v. Stengel, Wörterbuch Bd. 2 S. 747 ff.; Röttinger, Die bad. Verwaltungsrechtspflege,
Heidelberg 1887.
5) Solches war entprechend der damals herrschenden Anschauung über die Grenzen zwischen
öffentl. u. Privatrecht in weitem Umfange geschehen. Auch im Wege des Gewohnheitsrechtes war
für manche Fälle des öffentl. Rechtsgebietes ihre Zuständigkeit zur Anerkennung gelangt.
(R 6/V z. # die zahlreichen Fälle, die in der Ldh. VO. v. 21. Juni 1850 aufge führt sind
eg