Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

8 40 Die Verwaltungsgerichte. 129 
  
die Verwaltungsgerichte kompetent sein sollen, speziell aufführen 1). „Die Verwal- 
tungsgerichte entscheiden nur in den in den Gesetzen ihnen zugewiesenen Streitig- 
keiten usw.“ (§1 Abs. 1 d. Ges.). Die zuweisenden Einzelbestimmungen, die sich 
schwer unter einen einheitlichen Gesichtspunkt bringen lassen und naturgemäß in 
einzelnen Fällen den Charakter der Willkür an sich tragen, finden sich der Hauptsache 
nach in den 9§ 2—4 des VRflGes. aufgezählt. Zu dieser Aufzählung kommt aber 
noch eine große Reihe von Einzelverweisungen, die in anderen Gesetzen und (auf 
Grund spezieller gesetzlicher Ermächtigung) in Verordnungen enthalten sind 2). 
Aus der Annahme des Enumerationsprinzipes ergibt sich, daß die nicht in den 
erwähnten Spezialbestimmungen aufge führten Angelegenheiten, auch wenn es sich 
dabei materiell um subjektive öffentliche Rechtsansprüche handelt, wo nicht für die- 
selben ausnahmsweise ?) der Zivilrechtsweg eröffnet ist, nur im allgemeinen Ver- 
waltungsverfahren betrieben werden können. 
b) Der bei der ersten Einführung der VRafl. maßgebenden Grundaksicht des 
Gesetzgebers entsprechend umfassen die dieser besonderen Rechtspflege zugewiesenen 
Angelegenheiten vorwiegend solche Fälle, bei denen die Geltendmachung subjektiver 
Rechte in Frage kommt („Ansprüche und Verbindlichkeiten aus dem öffentlichen 
Rechte") 4). Daneben findet das als Verwaltungsrechtspflege bezeichnete Verfahren 
aber auch da Anwendung, wo es sich nicht um die Entscheidung über die Berechtigung 
eines Anspruchs, sondern nur um die Ueberwachung der objektiven Rechtsordnung 
handelt. Hierher gehören die Fälle, in denen der Bezirksbeamte einen Beschluß des 
Bezirksrates aus Gründen des öffentlichen Interesses mittels der Klage beim Verw.= 
Ger. Hof anficht 5), ebenso die in Form der Popularklage beim Verw. Ger. Hofe er- 
hobenen Anfechtungen von Wahlen zu kommunalen Körperschaften oder einzelnen 
Spezialvertretungen "), ferner die Fälle, in denen der VGHof bei der Verfolgung 
öffentlicher Beamten zur Vorentscheidung berufen ist?). 
c) Die Kompetenz der Verwaltungsgerichte bezüglich der ihnen zugewiesenen 
Angelegenheiten erstreckt sich immer nur auf die Entscheidung über Fragen des öf- 
fentlichen Rechtes. Selbstverständlich ist dabei nicht ausgeschlossen, daß der 
Verwaltungsrichter zur Findung seines Erkenntnisses auch solche Vorfragen prüfen 
und beantworten kann, die in das bürgerliche Recht einschlagen. Das im Gesetze ent- 
haltene Verbot umfaßt nur die etwa in das Erkenntnis selbst aufzunehmende direkte 
Entscheidung über privatrechtliche Verhältnisse 3). 
1) Eine gewisse Konzession zu Gunsten des anderen Prinzips, dessen Annahme bei der Beratung 
des Ges. v. 14. Juli 1884 seitens der Mitglieder des V. vorgeschlagen worden war (vgl. Komm. B. 
I. K. Beilage-H. S 132), wurde nur durch die Aufnahme der weitgefaßten Bestimmungen des § 4 
Ziff. 1 u. 2 VRyfl Ges. gemacht. 
2) Eine Zusammenstellung der bis zum Jahre 1898 erlassenen Spezialbestimmungen siehe 
bei Wielandt, Rechtsprechung; vgl. ferner die Gesetze v. 11. Sept. 1898, v. 6. u. 8. Mai 1899, 
v. 3. u. 26. Juni 1899, v. 6. Aug. 1900, v. 3. u. 11. Aug. 1902, v. 10. Okt. 1906 v. 15. Sept. u. 15. 
Okt. 1908 u. BO. v. 11. Nov. 1899 u. 27. Sept. 1900. 
3) Durch ausdrückliche Anordnung oder durch Gewohnheitsrechtssatz. 
4) 8 1 Abs. 1 des Ges. Das Gesetz glaubt mit der hier gebrauchten Redewendung alle Fälle 
der VRPfl. zu treffen. 
5) § 41 Ziff. 3 des Ges. 
6) 5+ 3 Ziff. 24 des Ges. 
7) &11 des EG. zur RGer. Verf.;: Ges. v. 24. Febr. 1880 Art. 9 ff.: AG. z. BG. Art. 5. 
8) „Die Entscheidung ergeht unbeschadet aller privatrechtlichen Verhältnisse“ § 1 Abs. 2 des Ges. 
Walz, Baben. 9
	        
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