130 Die Organisation. Die Behörden. 8 40
d) Die nach den bisher aufgeführten Grundsätzen bestimmte Tätigkeit der Ver-
waltungsgerichte ist nun wieder in verschiedener Weise gegliedert 1).
a) Die Verwaltungsstreitsachen sind nach badischem Rechte: Entweder ur-
sprüngliche, d. h. solche, die von vornherein, sobald eine obrigkeitliche Mit-
wirkung erforderlich erscheint, in den Formen der Rechtspflege behandelt werden;
(hierher gehören die im VRR Pfl G. 5 2 genannten Gruppen, welche in erster Instanz
an den Bezirksrat, als Verwaltungsgericht, und in zweiter Instanz an den Verw.=
Gerichtshof gelangen. Es handelt sich hierbei meist um Streitigkeiten von mehr
örtlicher Bedeutung, wo zugleich dem Berechtigten ein bestimmter Verpflichteter
gegenübersteht.)
oder nachträgliche Verwaltungsstreitsachen, bei denen die Behandlung
des einzelnen Falles zunächst von den Verwaltungsbehörden vorgenommen wird,
und die Verwaltungsgerichtsbarkeit erst dann eintritt, wenn jene Behörde eine Ent-
schließung getroffen hat. Hierher zählen die in den VRfl G. S#8 3 und 4 genannten
Fälle, in denen der VGHof in erster und letzter Instanz zuständig ist.
Die nähere Bezeichnung derjenigen Verwaltungsstellen, gegen deren Entschei-
dung im Einzelfalle die verwaltungsgerichtliche Klage erhoben werden kann, findet
sich, soweit das Gesetz nicht selber eine bezügliche Bestimmung enthält, in der Ldh. VO.
vom 5. Aug. 1884 die VR Pfl. betreffend, die in der Folge jedoch wieder manche
Abänderungen erfahren hat 2).
8) Weiter wird unter den sogen. nachträglichen Verwaltungsstreitigkeiten insofern
ein Unterschied gemacht, als die hier in Frage kommende Tätigkeit des Verwaltungs-
gerichtshofes bald als eine volle, bald aber nur als eine beschränkte Rechts-
pflege erscheint. Ersteres gilt bezüglich der im § 3 des Ges. genannten Sachen, wo die
Gerichtsbarkeit sich, wie auch in allen zuerst an den Bezirksrat gelangenden Angelegen-
heiten, auf das gesamte Streitverhältnis nach seinen verschiedensten Seiten erstreckt.
Letzteres ist dagegen bezüglich der in § 4 aufgeführten Streitigkeiten der Fall, wo es
sich lediglich darum handelt, dem Einzelnen, sei er eine physische oder juristische Person,
einen richterlichen Schutz zu gewähren gegen Uebergriffe von seiten der Verwaltung.
Das VRPflIG. verleiht nun einen solchen Schutz allgemein:
gegen die polizeilichen Verfügungen der Bezirksämter und Bezirksräte, die den
Kläger „in seinen Rechten“ verletzen 3), sowie
Daher kann das V.-gericht wohl als Vorbedingung des Beizuges zu einer öffentl. Last das Eigentums-
recht eines einzelnen feststellen, es kann aber nicht den Einspruch gegen eine versagte Baugenehmi-
gung aus dem Grunde zurückweisen, weil der betreffenden Bauausführung ein Servitutenanspruch
im Wege steht.
1) Vgl. zum folgenden vor allem Otto Mayer, D. Verw. Rt. Bd. I S. 180 ff.
2) G.u. VOl. S. 369: vgl. ferner das Beamtengesetz, die Ldh. VO. vom 26. Juni 1892 (S.
378), vom 26. Juni 1894 (S. 283), vom 14. Dez. 1899 (S. 950), vom 17. Juni 1901 (Vollz. V O. zum
Stift. Ges. G.u. VOBl. S. 433). Die nachträgliche Verwaltungsklage vermag übrigens einen durch
das öffentliche Interesse gebotenen Vollzug des Verwaltungsbeschlusses nicht aufzuhalten; § 41
isf. 9 des Ges.
u 3) Als „polizeiliche sind alle Verfügungen anzusehen, die auf dem Gebiete der Ver-
waltung ergangen sind, auf das sich nach badischem Recht die Polizei erstrecken kann. Die in den
Materialien des V. RPfl Ges. enthaltenen Ausführungen, daß der Begriff der polizeil. Ver-
fügung im Sinne des 4 Ziff. 1 sich mit der Definition in § 10 T. II Tit. 17 Allg. LR. decke,
sind, wie Thoma a. a. O. S. 47 Anm. 14 mit Recht hervorhebt, unzutreffend. Ist gegen die Ent-
schließung des Bezirksamtes das Rechtsmittel der Beschwerde an den Bezirks rat gegeben, so