Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

134 Die Organisation. Die Behörden. 8 41 
  
Rechtshilfeanspruchs. Zu seiner Erhebung ist „jede beteiligte Partei“, d. h. ein Jeder 
berufen, der in einer konkreten Angelegenheit als Inhaber eines individuellen Rechtes 
oder als rechtlicher Interessent aufzutreten in der Lage ist, wenn sein Anspruch auf 
Entscheidung sowohl von den bürgerlichen Gerichten, als auch von den Verwaltungs- 
behörden und Verwaltungsgerichten wegen Unzuständigkeit der angerufenen Behörde 
durch eine Entschließung zurückgewiesen ist, gegen welche „kein weiteres Rechtsmittel 
mehr statthaft ist". Der beim negativen Kompetenzkonflikt gestellte Antrag an den 
Kompetenzgerichtshof geht auf Bezeichnung derjenigen Stelle, welche „zur Entschei- 
dung der Sache“ zuständig ist. In dem Falle, daß bei den abweisenden Erkenntnissen 
ein Urteil des Verw. Ger. Hofes mitkonkurriert, kann in Anwendung des §& 42 VR.= 
Pfl Ges. der Kompetenzkonflikt auch vom Vertreter des Staatsinteresses erhoben 
werden 1). 
Darauf, daß gegenüber den sich widersprechenden Entscheidungen der gesetzliche 
Instanzenzug erschöpft ist, kommt es für die Zulässigkeit der Anrufung des Komp.= 
Ger. Hofes nicht an. Es genügt, daß jene Entscheidungen unanfechtbar geworden sinds). 
Mangels einer entgegenstehenden Vorschrift wäre die Konfliktserhebung auch gegen- 
über einem Urteil des Reichsgerichtes zulässig 3). 
4. Das Verfahren. 
a) Die Erhebung des positiven Kompetenzkonfliktes erfolgt durch eine Er- 
klärung an das mit der Sache befaßte Gericht, welche die Zuständigkeit zur Entschei- 
dung unter Angabe der Gründe für eine andere bestimmte Behörde in Anspruch 
nimmt. Nach Einkunft dieser Erklärung hat das Gericht die Einstellung des Verfahrens 
zu verfügen und die Akten dem Vorsitzenden des Komp. Ger. Hofes zu übersenden 
unter gleichzeitiger Benachrichtigung der Pacteien. Gegen diesen Einstellungsbeschluß 
findet ein Rechtsmittel nicht statt. 
Durch die Erhebung des Konfliktes wird der Lauf aller Fristen im Prozesse ge- 
hemmt, und die Zwangsvollstreckung ist bis zur Entscheidung über den Konflikt unzu- 
lässig. 
Die Verhandlung und Entscheidung des erhobenen Konfliktes erfolgt unter ent- 
sprechender Anwendung der für das Zivilprozeßverfahren geltenden Grundsätze ?) 
in öffentlicher Sitzung, zu welcher die beteiligte Verwaltungsbehörde, sowie die Par- 
teien des eingestellten Zivilprozesses beizuziehen sind. Alle Beigezogenen haben das 
Recht, die mündliche Verhandlung durch Schriftsätze vorzubereiten und in der Ver- 
handlung selber Anträge zu stellen. Die Entscheidung ergeht jedoch auch dann, wenn 
die Verwaltungsbehörde oder die Parteien oder beide im Termine nicht vertreten 
waren. Sie ist den zum Streite beigezogenen Parteien und der Verwaltungsbehörde 
von Amts wegen zuzustellen und dem Gericht, bei dem der Rechtsstreit anhängig war, 
in beglaubigter Abschrift mitzuteilen. 
b) Rechtliche Natur des Erkenntnisses. Do der Streit vor dem 
1) Vgl. Komm. Bericht der I. K. zum § 42 VRflGes. Ldtg. 1883/84 Beilageh. zu d. Prot. 
S. 144,/45. 
2) Vgl. Entsch. d. KGH. v. 18. Juni 1903 Zeitschr. 1903 S. 195. 
3) Vgl. jedoch oben S. 133 in Anm. 6. 
4) Als maßgebend werden insbes. die Grundsätze über d. Verfahren vor den Kollegialgerichten 
bezeichnet; daher Anwaltszwang, jedoch nicht für die Verwaltungsbehörde. Ges. 3 13.
	        
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