Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

146 Die Organisation. Die Behörden. 8 46 
  
hörden oder ihrer Bezirke keine Gelegenheit mehr besteht; gegenüber den diplomatischen 
Vertretern, den Direktoren und Mitgliedern der Ministerien, den Vorständen der 
Zentralmittelstellen und sonstiger zentraler Landesbehörden, dem Oberstaatsanwalt 
und den Beamten des Geh. Kabinetts ist die einstweilige Zuruhesetzung auch dann 
gestattet, wenn „sonstige triftige Gründe“ vorliegen 1). 
Die endgültige Zuruhesetzung eines jeden Beamten kann erfolgen, wenn 
derselbe entweder das 65. Lebensjahr zurückgelegt hat, oder wegen eines körperlichen 
Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte dienstunfähig 
geworden ist. Ueber das Vorhandensein der Dienstunfähigkeit findet eventuell unter 
Mitwirkung des Ministeriums und unter Zuzug des Beteiligten eine eingehende causae 
cognitio statt. Die Dienstunfähigkeit kann ohne weiteres angenommen werden, wenn 
der Beamte seit einem Jahre von der Versehung seines Amtes abgehalten ist 2). Für 
die zwangsweise Zuruhesetzung der Richter, dec Mitglieder des Verwaltungsgerichts- 
hofes und der Mitglieder und Beamten der Oberrechnungskammer gelten die gleichen 
Zuständigkeitsvorschriften, die bei der Versetzung zu beachten sind. 
Für die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand gelten keine besonderen Ver- 
fahrensvorschriften. 
Der zur Ruhe gesetzte Beamte scheidet aus dem aktiven Dienste aus und erfährt 
dementsprechend auch eine Aenderung seiner Bezüge; er verbleibt aber und zwar ohne 
Unterschied, ob es sich um eine einstweilige oder um eine vollständige Zuruhesetzung 
handelt, nach wie vor im Beamtenverhältnis. Der zur Ruhe Gesetzte untersteht deshalb 
im wesentlichen all den Dienstvorschriften, die nicht mit der Führung eines konkreten 
Amtes verbunden sind, und er ist insbesondere, mit Ausnahme der wegen hohen Alters 
Zuruhegesetzten, auf Verlangen der zuständigen Dienstbehörde verpflichtet, jederzeit, 
sobald er seine Dienstfähigkeit wieder erlangt hat, ein ihm angetragenes Amt zu über- 
nehmens). 
3. Der Beamte ist verpflichtet, während der ganzen Dauer des Beamtenverhält- 
nisses nicht nur im Dienst sondern auch außerhalb desselben ein Verhalten zu beob- 
achten, das der Achtung und des Vertrauens, die seine Stellung („sein Beruf") erfor- 
dert, würdig ist 4). 
4. Er hat weiter über die ihm vermöge seiner Beamtenstellung bekannt gewor- 
denen Angelegenheiten, deren Geheimhaltung ihrer Natur nach erforderlich, oder von 
der vorgesetzten Dienstbehörde vorgeschrieben ist, Verschwiegenheit zu beobachten 5). 
5. Endlich ist er verpflichtet, bevor er eine eheliche Verbindung eingeht, der zu- 
ständigen Dienstbehörde rechtzeitig Anzeige zu erstatten. Für bestimmt zu bezeich- 
nende Arten von Beamten, denen die Aufsicht und Wartung in staatlichen Anstalten 
obliegt, kann die Zulässigkeit der Verehelichung von der vorgängigen Erlaubnis der 
  
1) S 32 u. 33 des Ges. 
2) §§ 29 u. 31 des Ges. 
3) Vorausgesetzt daß beim Anbieten dieses neuen Amtes die für die „Versetzung“ bestehenden 
Vorschriften beobachtet werden. Vgl. Art. 5 des Ges. 
4) § 8 des Ges. Vgl. auch § 12 Abs. 1, wo diese Verpflichtung besonders für die im „Amte“ 
stehenden Personen näher behandelt wird. 
5) S#9J# des Ges. Die Verpflichtung gilt auch nach Auflösung des Dienstverhältnisses; über die 
Vernehmung der Beamten als Zeugen u. Sachverständigen: 3 PrO. 88 376 u. 408, Str PrO. 
5s 53 u. 76 u. die 9§ 1—5 u. 7 der VO. vom 27. Dez. 1889.
	        
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