Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

4 Geschichtliche Einleitung. 83 
  
am Bodensee, die jeweils von einem Hofratskollegium verwaltet wurden, ferner die nach Erlangung 
des mit der Kurwürde verbundenen privilegium de non appellando erfolgte Errichtung eines 
obersten Gerichtshofes für die bürgerl. und Strafrechtspflege (des Oberhofgerichtes!). 
Weitere namhafte Geländeerwerbungen und tiefgreifende Aenderungen staatsrechlicher Art 
verschafften dem neuen Kurfürsten der für Oesterreich und Rußland unglückliche Ausgang des 
III. Koalitionskrieges und die daran sich knüpfende Gründung des Rheinbundes. Zur Belohnung 
für die dem französischen Kaiser geleistete Waffenhilfe erhielt Baden durch den Preßburger 
Frieden vom 26. Dezember 1805 den größten Teil des Breisgaus, die Ortenau, Mainau und 
die Stadt Konstanz, im ganzen 44 Quadratmeilen mit 164 000 Einwohnern unter Zuerkennung 
einer der rechtlichen Stellung Oesterreichs und Preußens im Reiche gleichkommenden Souveränetät 
Über sämtliche von ihm besessenen Landesteile. 
Die Rheinbundsakte übertrug Baden einige weitere Herrschaften und Städte, mit allen 
Souveränetäts= und Eigentumsrechten und unterwarf seiner Souveränetät, unter Vorbehalt 
gewisser nicht als wesentliche Ausflüsse der Souveränetät angesehener Rechte eine Reihe von 
Gebieten, die von fürstlichen und gräflichen Reichsständen (Fürstenberg, Löwenstein, Leiningen, 
Salm Reifferscheid-Krautheim) besessen worden waren, sowie die „in seinen Staaten einge- 
schlossenen“ reichsritterschaftlichen Besitzungen; im ganzen einen Länderzuwachs von 91 ½ Quadrat- 
meilen mit 270 000 Seelen bedeutend. 
Das gesamte Land umfaßte darnach 249 Quadratmeilen mit etwa 900 000 Bewohnern. 
Nach Art. 5 Rh B. sollte der Kurfürst zugleich den Titel eines Großherzogs erhalten, 
verbunden mit königlichen Ehren und Vorzügen“. 
Der 1. August 1806 brachte den formellen Austritt Badens aus dem Deutschen Reich, und 
am 13. August 1806 erließ Karl Friedrich eine feierliche Proklamation, worin er seine alten 
Stammlande mit dem neuen teils zu Eigentum teils zu Ober- und Erbherrlichkeit erworbenen 
Gebiete zu einem unteilbaren, souveränen Staat und Großherzogtum erklärte und für sich den 
Titel eines Großherzogs annahm ?). 
§* 3. Das Großherzogtum bis zum Erlaß der Berfassungsurkunde und zum Frankfurter 
Territorialrezeß. Die erste Sorge des zum Souverän gewordenen Herrschers galt der Verschmelzung 
der verschiedenartigen Bestandteile des neu geschaffenen Staates zu einem einheitlichen harmonisch 
gegliederten Ganzen. Den Anfang der umfassenden Tätigkeit, welche der Erfüllung dieser 
Aufgabe gewidmet war, bildeten die in den Jahren 1806—1809 erlassenen Konstitutionsedikte. 
Gegründet auf die Anschauungen, welche Karl Friedrich als Markgraf betätigt, wollten sie unter 
voller Wahrung des Standpunktes der absoluten Monarchie dem Lande eine Verfassung gewähren, 
welche die humanen Einrichtungen der alten Markgrafschaft auf die neu gewonnenen Landes- 
teile ausdehnen sollte unter tunlichster Schonung der bestehenden Verhältnisse und mit besonderer 
Berücksichtigung der in der Rheinbundsakte übernommenen Verpflichtungen. Daran schloß sich 
eine durchgreifende Umgestaltung der ganzen Verwaltungsorganisation an, die mit einzelnen Edikten 
in den Jahren 1807 und 1808 beginnend, in dem umfassenden Organisationsedikt vom 26. November 
1809 ihren Abschluß fand. 
Die Konstitutionsedikte, welche auf lange Zeit hinaus das öffentliche Recht des Landes 
bestimmten und die in einzelnen Anordnungen heute noch von praktischer Bedeutung sind, regelten 
die Verfassung der Kirchen, der Gemeinden und Körperschaften, die Rechtsstellung der Standes- 
und Grundherren, das Lehenwesen und die Stellung der verschiedenen Stände. Sie fanden ihre 
Ergänzung in den umfassenden gesetzgeberischen Arbeiten auf dem Gebiet des bürgerlichen 
Rechtes (Ubernahme des von Staatsrat Brauer übersetzten und mit Erläuterungen versehenen 
Code civil als badisches Landrecht) und des Prozesses. 
Die neue Verwaltungsreform schuf, ebenfalls in starker Anlehnung an das französische 
Vorbild unter Aufhebung der alten Geheimrats= und Hofratskollegien, jedoch unter Beibehaltung 
der drei Instanzen eine scharf zentralisierte Organisation mit büreaukratisch geleiteten selbständigen 
Verwaltungszweigen, an deren Spitze die üblichen fünf Ministerien, deren Stellung gegenüber dem 
Monarchen indessen verschiedene Wandlungen erfuhr, die erst im Jahre 1817 mit der Errichtung 
des Staatsministeriums zu einem gewissen Abschluß kamen. 
In zweiter Instanz waren zehn Kreisdirektorien vorgesehen, welche in den nach 
geographischen Gesichtspunkten begrenzten Kreisen, analog dem französischen Präfekten, die 
gesamte innere Verwaltung (einschl. der freiwilligen Gerichtsbarkeit und der Strafjustiz in 
1) Näheres siehe bei Weizel, Das bad. Ges. v. 5. Oktober 1863 über die Organisation 
der inneren Verwaltung Karlsruhe 1864 Einleitung S. 19 ff. 
2) Reg. Bl. 1806 Nr. 18.
	        
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