152 Die Organisation. Die Behörden. 8 47
1. Darüber, ob das Verhalten des Beamten im Einzelfalle sich als Dienstvergehen
darstellt, befindet allein die mit der Disziplinargewalt betraute Behörde. Von der
spezialisierenden Aufstellung gewisser als Dienstvergehen anzusehender Tatbestände
hat das Gesetz im Gegensatz zum früheren Rechte Umgang genommen!).
2. Als Disziplinarstrafmittel sind vorgesehen:
a) die Ordnungsstrafen;
b) die Entfernung aus dem Amte (Strafversetzung) und
o) die Entfernung aus dem staatlichen Dienst (Dienstentlassung).
Die Ordnungsstrafen bestehen aus einem Verweis oder einer Geldstrafe bis zu
200 Mark und können eventuell mit einander verbunden werden 2). Die Straf-
versetz ung erfolgt entweder auf eine geringere Amtsstelle, womit eine Minderung
des Diensteinkommens um höchstens ein Fünftel verbunden werden kann, oder auf
eine gleichartige Amtsstelle unter Minderung des Diensteinkommens um den genann-
ten Betrag 3). Statt der Minderung des Einkommens kann jedoch eine Geldstrafe
verhängt werden, welche bis zu einem Drittel eines Jahreseinkommens ansteigen
darf. Gegen die richterlichen Beamten kann an Stelle der Strafversetzung auf Ent-
ziehung des gesetzlichen Anspruchs auf Vorrücken im Gehalt für bestimmte Zeitdauer
oder auf Versetzung in den einstweiligen Ruhestand erkannt werden ). Die Dienst-
entlassung bewirkt den Verlust des Titels und des Anspruchs auf Diensteinkom-
men, Ruhe= und Versorgungsgehalt. In dem Disziplinarerkenntnis kann jedoch bei
Vorliegen mildernder Umstände dem entlassenen Beamten auf Lebensdauer oder auf
bestimmte Zeit ein Teil des Ruhegehaltes, den er erdient hatte, als Unterstützungs-
gehalt zugebilligt werden. Ebenso kann ausnahmsweise im Wege Ldh. Entschließung
dem entlassenen Beamten oder seiner Familie bei vorhandener Bedürftigkeit ein bis
zur Hälfte der im Falle der Zuruhesetzung zu gewährenden Leistungen ansteigender
widerruflicher Unterstützungsgehalt zugebilligt werden 5).
3. Die Entscheidung darüber, welche der zugelassenen Strafen im Einzelfalle
anzuwenden sei, liegt bei der Disziplinarbehörde. Maßgebend ist für dieselbe nicht
nur „die größere oder geringere Erheblichkeit des Dienstvergehens“, sondern „ins-
besondere“ auch das gesamte Verhalten des Angeschuldigten. Bei der Anwendung
der Disziplinarstrafe soll also nicht nur auf die Herbeiführung einer gerechten Sühne
des vorgekommenen Vergehens, sondern vor allem auch darauf Bedacht genommen
werden, welche Strafe das dienstliche Interesse gerade gegenüber dem in Frage
1) Vgl. in dieser Beziehung das alte Staatsdiener-Edikt § 10.
2) § 80 des Ges. Nähere Einzelbestimmungen über die Anwendbarkeit der Ordnungsstrafen
geben die §#§ 2 u. ff. der früher angef. Ldh. V O. v. 14. Jan. 1890. Den Vorschriften über die Ord-
nungsstrafen unterliegen auch diejenigen Personen, die, ohne Beamte im Sinne des Ges. zu sein,
saäem Dienstverhältnis zum Staate stehen. 5 111 Abs. 1 des Ges. Die Arreststrafe ist nicht mehr
zulässig.
3) § 81 des Ges. Unter Umständen können die Umzugskosten ganz oder teilweile vergütet
werden. Bei den im Ruhestand befindlichen Beamten tritt an die Stelle der Strafe der Ver-
setzung eine Minderung des Ruhegehalts bis zur Hälfte des gesetzlichen Betrages. § 110 des Ges.
4) § 117 Ziff. 6 des Ges. Dabei kann der Regierung die Befugnis verliehen werden, den Be-
amten im Falle der Wiederanstellung auf eine geringere Amtsstelle mit den oben bezeichneten
finanziellen Nachteilen zu versetzen. Ist diese Befugnis eingeräumt, so mindert sich auch der Ruhe-
gehaltsanspruch auf zwei Drittel des gesetzlichen Betrages.
5) 5 82 des Ges.