g 52 Geschichniches. 171
Aus der Reihe der heute im Staate vorhandenen Selbstverwaltungskörper heben
sich einige dadurch hervor, daß sie wie der Staat selbst nicht nur eine persönliche, son-
dern zugleich auch eine dingliche Grundlage haben, ein Stück Land, ein Gebiet, um-
fassen, über das sie als Gebietskörperschaft eine der Staatsgewalt ähnliche Herrschaft
ausüben. Es sind dies die als historische Gebilde dem Staate eingegliederten Ge-
meinden und die vom Staate neu geschaffenen Kreise, Bezirksverbände und Amts-
verbände.
Den Gebietskörperschaften stehen am nächsten die anderen Korporationen des
öffentlichen Rechtes, deren Besprechung im folgenden sich nur auf einige allgemein
geltende Grundsätze erstrecken kann unter gänzlicher Außerachtlassung der Verbände
kirchlichen Charakters.
Unter den zahlreichen im Lande bestehenden öffentlichen Anstalten kommen in
erster Linie die Stiftungen in Betracht, deren Rechtsverhältnisse durch eine umfassende
Gesetzgebung zum Teile in eigenartiger Weise geregelt sind. #6
Eine die Gesamtheit der Selbstverwaltungskörper angehende gesetzgeberische Be-
handlung hat in der letzten Zeit hinsichtlich der Fürsorge der Beamten derselben eingesetzt.
I. Die Gemeinden 1).
s52. Geschichtliches. Die Grundlage des heute in Baden geltenden Gemeinde-
rechtes bilden die beiden Gesetze vom 31. Dezember 1831 über die Verfassung und Ver-
waltung der Gemeinden und über die Rechte der Gemeindebürger und die Erwerbung
des Bürgerrechtes?), von denen das zuletzt genannte heute allerdings nur noch eine
untergeordnete Bedeutung besitzt.
1. Vordem bestimmten sich die Rechtsverhältnisse der Gemeinden und ihrer An-
gehörigen im wesentlichen nach den Vorschriften des II. und VI. Konstitutions-
ediktes v. 14. Juli 1807 2) bezw. 4. Juni 1808) und den Ergänzungen, welche diese
Vorschriften durch die Beilage B des Organisations-Ediktes vom 26. November 1809
erhalten hatten 5).
Das zweite Konst. Edikt, welches in seinen §§ 1—7 die Grundregeln über die Ver-
fassung der Gemeinden aufstellte, hatte in Anlehnung an den früheren Rechtszustands),
wenn es auch die an Zahl überwiegenden und den damaligen Verhältnissen des Landes
Gals eines güterbautreibenden Staates") mehr entsprechenden Landgemeinden in den
Vordergrund stellte, dennoch den geschichtlich überlieferten Unterschied zwischen diesen
Gemeinden und den Städten aufrecht erhalten, indem es die besondere Verfassung
der Städte mit ihren oft sehr verschieden gearteten Vorrechten ausdrücklich anerkannte.
Die Verwaltung der Gemeinden lag, soweit nicht die erwähnten Sonderbestim-
mungen eingriffen, in der Hand des Gemeinderates, der auch als Gemeindegericht
bezeichnet wurde, und der Gemeindeversammlung. Letztere, oder der an ihre Stelle
—.
eit besitzen, sind freie durch den Willen der Gemeinde zur gemeinsamen Bestreitung der Schullast
begründete Gemeinschaftsverhältnisse. Vgl. im übrigen Hatschek im Verw. Arch. IX S. 319 ff.
1) Vgl. Wielandt, Handbuch des bad. Gemeinderechtes 1. Bd., Die bad. Gemeinde-
neseßebung im eng. S. 3. Aufl. Heidelberg 1893; Schriften des Vereins für Sozialpolitik: Ver-
assung u. Verwaltungsorganisation der Städte, Band IV Heft 3. Für die ältere Zeit A. Christ,
Das bad. Gemeindegesetz usw. 3. Aufl. 1845 und Fr. Fröhlich, Die bad. Gdegesetze, 2. Aufl.
1860; ferner: Ströbe, Die gesetzgeb. Entwickelung der bad. Gd. Verf. 1894 (Freib. Diss.).
2) Reg. Bl. 1832 S. 81 u. S. 117.
3) Reg. Bl. S. 125.
4) Reg. Bl. S. 93.
5) Reg. Bl. S. 419. Dazu kommen noch einige Spezialbestimmungen wie die V O. v. 1. Febr.
1809 über d. Erlangung u. Wirkung der Ortssassenrechte (Reg. Bl. S. 93) und vom 5. Aug. 1816
über d. Beitragspflichtigkeit zu Gemeindeumlagen (Reg. Bl. S. 105).
6) Derselbe war in der Bad. Durlachschen Kommune-Ordg. vom 1760, in der unterm 28. Juni
1794 erlassenen Hofratsinstruktion für die badische Markgrafschaft sowie in dem VII. Organis.Ed.
vom 18. März 1803 enthalten. Vgl. für diese Zeit vor allem Fröhlich a. a. O. S. XIII ff.