Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

180 Die Organisation. Die Selbstverwaltungskörper. § 53 
  
einer umlagefreien Gemeinde beizuziehen wäre, wenn Umlagen zur Erhebung ge- 
langen würden und e) die ihm obliegenden Abgaben an die Gemeinde entrichtet hat u. 
Der Wegfall eines der unter a) bis e) genannten Erfordernisse bewirkt ebenso wie 
der Verlust der Reichsangehörigkeit den Verlust der aktiven Mitgliedschaft 2), wo- 
gegen eine ausgesprochene Entmündigung oder Stellung unter eine Pflegschaft, die 
Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte und der Eintritt in den aktiven Militärdienst 
ebenso wie die Konkurseröffnung nur ein Ruhen der aktiven Mitgliedschaft im 
Gefolge haben 3). Bei den nicht unter die St O. fallenden Gemeinden ruht die Wahl- 
berechtigung auch infolge gerichtlicher Verurteilung wegen Diebstahls, Unterschlagung, 
Fälschung oder Betrugs für die Zeit von fünf Jahren ). 
Für die genannten Gemeinden gilt weiter die Sonderbestimmung, daß diejenigen 
männlichen Personen, welche in einer derselben ihr Ortsbürgerrecht angetreten haben, 
oder als Ortsbürger ausgenommen sind, von dem Zeitpunkte des Antrittes oder der 
Aufnahme auch als aktive Gemeindemitglieder gelten 5). Und dieses auf den Titel 
des Bürgerrechtes begründete aktive Mitgliedschaftsrecht geht für den Fall, daß ein 
Bürger den Wohnsitz in der Gemeinde aufgibt, daß er zu einer direkten Gemeinde- 
steuer nicht herangezogen ist, oder seine Abgabenverpflichtungen gegenüber der Ge- 
meinde nicht erfüllt hat, nicht verloren, sondern es wird nur in seiner Wirksamkeit 
gehemmmt. Auch der Empfang einer Armenunterstützung bewirkt hier nur einen sol- 
chen Ruhezustand der Berechtigung und zwar nur für den Zeitraum eines Jahres?#). 
Ferner ist in den nicht unter die St O. fallenden Gemeinden, sofern es sich um 
die Fassung von Beschlüssen handelt, welche die Leistungspflicht der Gemeindeange- 
hörigen beeinflussen, denjenigen Gemeindesteuerpflichtigen, welche mindestens ein 
Fünftel des gesamten umlagepflichtigen Kapitals besitzen, das Recht der Teilnahme 
eingeräumt, das der Steuerpflichtige eventuell durch einen im Besitze der aktiven 
Gemeindemitgliedschaft befindlichen Vertreter ausüben kann?). 
Endlich besitzen in diesen Gemeinden auch die Verwalter des Domänenfiskus, der 
Standes= und Grundherren, der Bezirksstiftungen sowie alle Personen, die mit einem 
Steuerkapital von mehr als 50 000 Mark umlagepflichtig sind, den formellen Anspruch, 
bei der Beratung des Voranschlages der Gemeinde, wenn nach demselben Umlagen 
erhoben werden sollen, besonders gehört zu werden s). 
Ein klagbarer Anspruch auf Anerkennung der aktiven Gemeindemitgliedschaft als 
solcher besteht nicht ). Vor den Verwaltungsgerichten kann indessen die Berechtigung 
zur Teilnahme an einer konkreten Wahl oder die Befreiung von einer aus der Mit- 
gliedschaft folgenden Verpflichtung geltend gemacht werden 10). Ebenso ist der An- 
spruch der Höchstbesteuerten auf Teilnahme an einem unter §* 99 der Gde. Ordg. fal- 
1) Gde. Ordg. § 9a, St O. § 7 a (beide in der Fassung des Ges. v. 27. Juli 1902). 
2) StO. 8 7 e sfür die übrigen Gemeinden nicht ausdrücklich hervorgehoben). 
3) Gde. Ordg. 89b, StO. 5 7d, beim Konkurs, „solange die Gläubiger nicht befriedigt sind“. 
4) Gde.O. 8§ 9b Ziff. 3. 
5) 8 9 Abs. 1 Gde.Ordg.; Bürgerrechts-Ges. 7 1 Ziff. 2 u. 3. 
6) Gde. Ordg. § gb Abs. 4. 
7) Im Bürgerausschuß und im Gemeinderat. Gde. O. 7J 99. 
8) Gde. Ordg. § 100. 
9) Auch nicht für die „Stadtbürger“. § 2 Ziff. 1 VR Pfl G. spricht nur von den Ortsbürgern. 
10) VRfles. F 3 Ziff. 17, § 2 Ziff. 4.
	        
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