Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

8 54 Die Organe der Gemeinden. 185 
  
behörde die Einberufung des Bürgerausschusses von sich aus verfügen 1). 
Die Verhandlungen der Gemeindevertretung sind öffentlich. Die Geschäftsord- 
nung ist im Wege ministerieller Verordnung festgesetzt?). 
Durch die Städteordnung hat die Stellung der dem Stadtrate nicht angehörenden 
Mitglieder des Bürgerausschusses, der Stadtverordneten, insofern eine gewisse Stär- 
kung erfahren, als für sie ein besonderer Stadtverordnetenvorstand 
geschaffen wurde, der jeweils auf drei Jahre gewählt, als geschäftsleitende Kommission 
die Vertretung der Stadtverordneten in den zur Zuständigkeit des Bürgerausschusses 
gehörenden Sachen dem Stadtrate gegenüber übernimmt s). Außerdem ist durch die 
Novelle zur St O. vom 16. Juni 1884 bestimmt, daß bei Verbescheidung der Jahres- 
rechnung die Stadtverordneten allein mitzuwirken haben /). 
III. Die mittelbaren Organe der Gemeinden zerfallen in solche, deren 
Träger grundsätzlich eine Besoldung erhalten, und in solche, die ehrenamtlich ver- 
sehen werden. 
Die Bestellung der mittelbaren Gemeindeorgane erfolgt im Zweifelsfalle durch 
den Gemeindevorstand 5). Der Nachweis einer bestimmten Qualifikation wird in 
der Regel ebensowenig verlangt, wie bei der Wahl der Mitglieder der übrigen Ge- 
meindeorgane "). Bei der Besetzung der „besoldeten“ Aemter ist hinsichtlich des Kreises 
der auszuwählenden Personen, soweit nicht die Vorschriften über die Anstellung der 
Militäranwärter eingreifen, keine Schranke gezogen 7); in die unbesoldeten Aemter 
dürfen nur aktive Gemeindemitglieder, bis zu einem gewissen Grade aber auch Frauen 
berufen werden, wenn dieselben die für die Männer geforderten Voraussetzungen der 
Wählbarkeit erfüllen 3). 
I. Von den besoldeten Gemeindeämtern sind zwei gesetzlich notwen- 
dige: der früher bereits erwähnte Ratschreiber und der Gemeinderechner, der aus- 
nahmsweise nicht vom Gemeindevorstand, sondern von der Gemeindevertretung!?) 
berufen wird. 
Die Verhältnisse der beiden genannten Beamten haben denn auch im Ge- 
setze eine besondere Regelung erfahren; beide sind hinsichtlich der Sicherung ihrer 
Bezüge und hinsichtlich der Disziplinierung den Mitgliedern des Gemeindevor- 
standes gleichgestellt, mit denen zusammen sie auch als „Gemeindebeamte“ in 
1) Gde. u. St O. § 44 Ziff. 1 u. 3; nach der St O. führt in den Fällen der Beschwerde in der 
nüegel der Obmann der Stadtverordneten den Vorsitz, in den anderen Gemeinden der Bezirks- 
eamte. 
2) Gde. u. StO. 88 46, 47. Vgl. Gesch. O. für d. Gemeindeversammlungen u. Bürgeraus- 
schüsse betr. V O. vom 30. März 1903 (G.u. VOl. S. 117), Gesch. Ordg. in Städten, V O. v. 23. 
Dez. 1874 (G.u. VOBl. S. 639) mit versch. Aenderungen, zuletzt v. 6. Juli 1889 (G. u. VO Bl. S. 112). 
3) St O. 43, § 19 b Abs. 4. 
4) & 154 b StO. 
5) §& 20, 53 Ziff. 5 Gde. u. St O., 5 19 a Gde. Ordg. 
6) Eine Ausnahme gilt für den Gemeindegrundbuchsbeamten, da wo ein eigenes Gemeinde- 
grundbuchamt eingerichtet ist, und für den Vorstand der städtischen Forstämter. 
7) Volksschullehrern darf die Ratschreiberstelle nur in Landgemeinden übertragen werden 
und immer nur widerruflich. Gde. O. § 20 Abs. 2. 
8) Eingeführt durch die Novelle des J. 1906 Gde.O. 5 19 a, St O. K 19b5 Bei verheirateten 
Frauen wird Selbständigkeit der Lebensstellung nicht verlangt; auch genügt es, wenn der Ehemann 
die Abgaben zahlt. 
9) 1148 Gde. u. St O. 
 
	        
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