Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

188 Die Organisation. Die Selbstverwaltungskörper. g 55 
  
beziehenden Angelegenheiten zu besorgen und ihr Vermögen selbständig zu ver- 
walten“. Die Gemeinden sind deshalb befugt, alles in den Bereich ihrer Tätig- 
keit zu ziehen, was dem Interesse „der auf ihrer Markung gewurzelten gesell- 
schaftlichen Verbindung“ 1) zu dienen geeignet ist, und sie sind insbesondere auch 
berechtigt, zur Erfüllung dieser Aufgaben, soweit das Gemeindevermögen nicht 
hinreicht, ihre Finanzgewalt geltend zu machen 2). 
Wie weit die Gemeinden von dieser Befugnis Gebrauch machen wollen, ist 
ihre Sache; eine Schranke findet ihr Selbstverwaltungsrecht nur am Gesetz. 
Der badische Gesetzgeber hat aber, wie dies auch anderwärts geschehen, den 
Gemeinden die Führung gewisser Verwaltungszweige ausdrücklich zur Pflicht ge- 
macht, und zwar ohne sich strenge an die Grenzen zu halten, welche für die Be- 
stimmung der lokalen Aufgaben sonst gezogen werden. Die bezüglichen Vor- 
schriften finden sich in zahlreichen Einzelgesetzen, die sich über das gesamte Ge- 
biet der Verwaltung zerstreuen. 
Dabei hat sich die staatliche Gesetzgebung nicht immer damit begnügt, daß sie 
die Gemeinden als solche zur Verwaltungsführung verpflichtete, wobei es der ein- 
zelnen Gemeinde überlassen bleibt, innerhalb dieses Pflichtenkreises nach Maßgabe 
ihrer Verfassung tätig zu werden, sie hat vielmehr in einzelnen Fällen eine Ver- 
pflichtung zur Verwaltungsführung für den Staat direkt einem bestimmten Ge- 
meindeorgan übertragen, dem Gemeindevorstande oder dem Vorsitzenden des- 
selben, indem sie die betreffenden Gemeindeämter einfach in den staatlichen Be- 
hördenorganismus eingliederte 3). Dies gilt vor allem für die in den Gemeindegesetzen 
besonders hervorgehobene Verwaltung der Ortspolizei, des Gemeindegerichtes und 
für die Mitarbeit auf dem Gebiete der Gesetzesverkündung und der Rechts- 
polizei. 
Andererseits hat die bad. Gesetzgebung den Gemeinden unter gewissen Vor- 
aussetzungen aber auch ein Recht auf Ueberweisung staatlicher Funktionen zur 
eigenen Verwaltung zuerkannt, so auf dem Gebiete der Grundbuchs= und der 
Forstverwaltung ). 
So weit der Kreis der Gemeindezuständigkeit auf dem Gebiete der Verwal- 
tung gezogen ist, so enge sind die nach badischem Rechte den Gemeinden ge- 
steckten Schranken hinsichtlich der Betätigung ihrer Selbstgesetzgebung. Die Ge- 
meindeordnung hatte die letztere nur zugelassen bez. der Regelung des Almend- 
genusses, der Gemeindefrohnden und der Einführung indirekter Steuern. Hin- 
sichtl. der Ausgestaltung der Gemeindeorganisation war dieselbe so gut wie aus- 
geschlossen 5). Die St O. hat zwar die Autonomie der ihr unterstehenden 
Gemeinden, vor allem auf dem Gebiete der Verfassungsorganisation, nicht un- 
erheblich erweitert "), und andere Spezialgesetze sind ihr auf dem Wege gefolgt; immer 
  
1) Vgl. II. Konst. Ed. 2. 
2) Ueber die Finanzverwaltung der Gemeinden vgl. unten im Text § 92 u. ff. 
3) Gde. u. St O. § 52, § 53 Ziff. 1. 
4) Ausf. Ges. zur RerB0. v. 18. Juni 1899 F 3. Forst Ges. v. 15. Nov. 1833 (Reg. Bl. 1834 
S. 5) K 1 ff. u. s 73 f. »,» , 
5) Die GO. hat auch die Bezeichnung „Ortsstatut“ vollständig vermieden und spricht nur von 
Gemeindebeschlüssen mit Staatsgenehmigung. 
6) StO. 878. Den St. O. Städten ist die Erlassung eines Verfassungsstatuts zur Pflicht gemacht.
	        
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