Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

190 Die Organisation. Die Selbstverwaltungskörper. § 56 
  
gemein auf Antrag des Gemeinderats verfügt werden wegen Beschuldigungen, 
auf Grund deren die Dienstentlassung eintreten müßte; dieselbe kann aber auch 
von Amts wegen angeordnet werden, wenn nahe Verdachtsgründe eines solchen 
Verbrechens vorliegen, das eine Dienstentlassung zur Folge haben, oder wenn 
durch die fernere Dienstführung des Angeschuldigten die Untersuchung wesentlich 
erschwert werden würde !. 
Die Dienstentlassung muß ausgesprochen werden: wegen erwiesener Dienst- 
unfähigkeit, wegen einer die öffentliche Achtung entziehenden Strafe, worunter 
insbesondere auch die Strafe des Ehebruchs zu rechnen ist, ferner, wenn 
durch Unsittlichkeit ein solches Aergernis gegeben wird, daß eine wirksame Dienst- 
führung nicht mehr zu erwarten ist, sowie dann, wenn die betreffenden Be- 
amten in ihren Vermögensverhältnissen zerrüttet sind 2). 
Entlassung wegen pflichtwidrigen Verhaltens kann in schweren Fällen, wenn 
eine hohe Gefährdung des staatlichen oder des Gemeindeinteresses in Frage steht, 
auch sofort ohne vorausgegangene Besserungsversuche erfolgen 2). Auf Antrag 
der Gemeinde darf ferner die Dienstentlassung „auch aus anderen Ursachen“ 
stattfinden, „welche die Dienstführung sehr erschweren oder vereiteln“. Die Ober- 
bürgermeister in den StO.-Städten und die ersten Bürgermeister der übrigen 
Gemeinden können sogar schon dann entlassen werden und zwar nach bloßer 
„Vernehmung"“ der Gemeinde, „wenn ihre Dienstführung das staatliche 
Interesse in schwerer Weise gefährdet". Die für die Entlassung maßgebenden 
Ursachen sind nach gepflogener Untersuchung in dem Erkenntnis anzugeben und 
der Gemeinde sowie den Beteiligten zu eröffnen"). 
Die ausgesprochene Entlassung bewirkt in allen Fällen zum mindesten Dienst- 
unfähigkeit bis zum Ablauf einer gesetzlichen Dienstperiode 5). 
Die Führung der Staatsaufsicht liegt grundsätzlich in den Händen des 
Bezirksamtes, das in gewissen Fällen eine Beschlußfassung des Bezirksrates her- 
beiführen muß. Die Genehmigung der ortsstatutarischen Bestimmungen hat, wie 
erwähnt, im Zweifelsfalle vom Ministerium aus zu erfolgen, das auch bei der Ge- 
nehmigung wichtiger Akte auf dem Gebiete der Finanzverwaltung zuständig ists). 
Gegen die Entschließungen der Staatsaufsichtsbehörden steht der Gemeinde und 
den im Einzelfall betroffenen Organen derselben nicht nur das Rechtsmittel des 
Rekurses, sondern unter Umständen auch die Klage an den Verw. G. Hof offen?!). 
Die letztere ist insbesondere den „Gemeindebeamten"“ in den St. Städten 
eingeräumt. Die Oberbürgermeister und Bürgermeister dieser Städte genießen 
1) Gde. u. St O. 5 23. 
2) Gde. u. St O. 24, 27. Der Text des §J27 Gde. O. erwähnt im Gegensatz zu der Bestimmung 
in §+ 27 St O. den Ratschreiber nicht, obwohl auf dem Lande ein in seinen Vermögensverhältnissen 
zerrütteter Ratschreiber noch weniger im Dienste belassen werden kann wie in den Städten. 
3) Gde. u. St O. 5 25 Abf. 3. 
4) Gde.u. St O. § 26 Abs. 1. Die hier gegenüber dem Gemeindeoberhaupte eingeräumte 
weitgehende Entlassungsbefugnis bildet einen Ersatz für das im Jahre 1870 aufgegebene Recht der 
Bestätigung. 
5) Gde. u. St O. § 26 Abs. 2. 
6) Verw. G. S§ 1, 6 (Bezirksrat), 227 ff. 1 (Zuständigkeit des Landeskommissärs zur Ueberwa- 
chung der Dienstführung der Gemeindebeamten). Vollz. VO. zum Verw. G. # 6, 13, Gde.u. St O. 828. 
7) Verf. Ordg. § 28, VRRPfl G. F 4 Ziff. 2 und 3, StO. § 28 Abs. 2.
	        
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