Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

204 Die Organisation. Die Selbstverwaltungskörper. 8 63 
  
3. Die oberste Instanz in Stiftungsangelegenheiten ist im Zweifelsfall das 
Ministerium des Innern. Zur Führung der obersten Aufsicht über die kirch— 
lichen und Unterrichtsstiftungen ist das Ministerium der Justiz, des Kultus und 
Unterrichtes zuständig. Unter dem ersteren steht der Verwaltungshof zur Füh— 
rung der Verwaltung und zur Aussichtsführung bei weltlichen Landes= und 
Distriktsstiftungen, sowie zur Führung der oberen Aufsicht über die Ortsstiftungen: 
unter dem letzteren in gleicher Funktion für Unterrichtsstiftungen (mit Ausnahme 
der Hochschulstiftungen) der Oberschulrat. Die unmittelbare staatliche Aufsicht 
über alle weltlichen Ortsstiftungen wird von den Bezirksämtern ausgeübt 1). Das 
Verfahren der Verwaltungsbehörden in Stiftungsangelegenheiten bestimmt sich 
im allgemeinen nach den Vorschriften der Verf. Ordg. vom 31. Aug. 1884 2). Ueber 
gewisse Fragen von grundsätzlicher Bedeutung ist im Gesetze der Verwaltungs- 
rechtsweg eröffnet, der in erster und letzter Instanz an den Verwaltungsge- 
richtshof geht 3). Die Anrufung der bürgerlichen Gerichte ist in Stiftungs- 
sachen nur zulässig, soweit es sich um „Streitigkeiten über den die Stiftung 
begründenden privatrechtlichen Akt“ oder um Streitfälle handelt, die sich aus 
dem bürgerlichen Rechtsverkehr einer Stiftung mit Dritten ergeben ). 
IIII. Zwingende Einzelvorschriften über die Ver fa ssung der 
Stiftungen gibt das Gesetz seiner früher erwähnten Tendenz entsprechend nur 
für die weltlichen Stiftungen und hier vor allem für die sogen. Orts- 
stiftungen. 
1. Unter den letzteren werden diejenigen weltlichen Stiftungen verstanden, 
welche ausschließlich zum Vorteil von Angehörigen oder Bewohnern einer ein- 
zelnen Gemeinde oder mehrerer Gemeinden eines und desselben Amtsbezirkes 
bestimmt sind mit Ausnahme der dem öffentlichen Volksschulunterricht gewid- 
meten Stiftungen 5). Die Verwaltung der Ortsstiftungen liegt in der Hand des 
Gemeinderates, an dessen Stelle bei zusammengesetzten Gemeinden der Ortsver- 
waltungsrat und bei Stiftungen, die sich über mehrere Gemeinden erstrecken, 
ein von den beteiligten Gemeinderäten gewählter Stiftungsrat zu treten hat ?). 
Bei gewissen Gattungen von Ortsstiftungen kann der Stifter zwar die Be- 
stellung eines besonderen Stiftungsrates anordnen'), die Zu- 
sammensetzung dieses Stiftungsrates erfolgt aber immer in einer vom Gesetz 
  
1) Ldh. VO. v. 17. Juni 1901. 
2) §&# 10 der angef. VO., die jedoch bezügl. der Rekursinstanzen besondere Bestimmungen ent- 
hält. 
3) Die betreffenden Fälle sind im & 11 Abs. 2 des Ges. aufgezählt: Frage, ob eine Stiftung als 
kirchliche, weltliche oder gemischte anzusehen; wie die Trennung gemischter Stiftungen vollzogen 
werden soll; Rechtsgültigkeit der von einem Stifter getroffenen besonderen Verwaltungsanord- 
nungen: Vorhandensein der stiftungsgemäßen Voraussetzungen der Stiftungsgenüsse: Widerspruch 
gegen einc von der Staatsregierung vorgenommenc „Umwandlung“, Berechtigung zur Stellung 
eines Antrages auf Einsetzung eines konfessionellen Stiftungsrates; Sonderrechte auf die Ausübung 
von Verwaltungsfunktionen bei Familienstiftungen usw. 
4) § 11 Abs. 3 des Ges. Auf direkte Herbeiführung der stiftungsgemäßen Leistung findet 
eine Klage nicht statt, auch nicht bei dem Verwaltungsgerichte. 
5) 88 12ff. des Ges. 
6) #& 16 ff. des Ges. Bei Verteilung der Erträgnisse der Armen= und Schulstiftungen haben 
die Organe der Armen= und der Schulverwaltung die Entscheidung. 7 15. 
7) Bei Stiftungen, deren jährlicher Ertrag sich auf mindestens 500 fl. beläuft, oder mit denen 
eine Anstalt verbunden ist. §§ 20, 21 des Ges.
	        
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