218 Die Gesetzgebung. 8 68
die ortspolizeilichen Vorschriften ergehen vom Verwalter der Ortspolizei, d. h.
vom Oberbürgermeister, Bürgermeister oder Stabhalter und in Städten mit
staatlicher Polizeiverwaltung, soweit nicht Angelegenheiten der Gemarkungspolizei
in Frage stehen, von der Staatsverwaltungsbehörde 1).
Orts= und bezirkspolizeiliche Vorschriften, welche eine fort dauernd
geltende Anordnung enthalten, bedürfen der Zustimmung des Gemeinde-(Stadt)
Rates bezw. des Bezirksrates und sind der „höheren Verwaltungsstelle“ vorzu-
legen, als welche die Landeskommissäre bezeichnet sind. Sie „können erst in
Wirksamkeit treten“, wenn sie vom Landeskommissär für vollziehbar erklärt, oder
wenn 30 Tage nach der durch Empfangsbescheinigung nachgewiesenen Vorlage
abgelaufen sind, ohne daß eine Entschließung des Landeskommissärs ergangen
wäre 2).
Wo die gesetzliche Delegation auf eine bezirks= oder ortspolizeiliche Vorschrift
geht, ist eine Regelung der betreffenden Angelegenheit im Wege der Verordnung
grundsätzlich ausgeschlossen. „Aus dringenden Gründen des öffentlichen Interesses“
kann der Erlaß einer bezirks= oder ortspolizeilichen Vorschrift jedoch auch von
der Zentralverwaltungsstelle aus erfolgen, wobei aber der besondere Charakter
der Vorschrift hervorzuheben und die für diese letztere geltenden besonderen
Publikationsformen zu beobachten sind.
Die näheren Bestimmungen über die Veröffentlichung der orts= und bezirks-
polizeilichen Vorschriften sind der ministeriellen Anordnung überlassen worden 3).
Das Pol Str G. selbst verlangt nur „gehörige Bekanntmachung"“ und instruktionell
die Mitteilung einer amtlich beglaubigten Ausfertigung der Vorschrift mit dem
Nachweis der geschehenen Bekanntmachung an die Gerichte.
Ueber die Aufhebung der Polizeiverordnungen bestehen in Baden besondere
Bestimmungen nur, insoweit es sich um die orts= und bezirkspolizeilichen Vor-
schriften handelt. Der § 25 PolStr G. gewährt gegenüber diesen beiden Arten
von Vorschriften wegen „Ungesetzlichkeit ihrer Erlassung oder wegen Nachteils für
das öffentliche Wohl oder wegen Verletzung der Rechte dritter“ den höheren
Verwaltungsstellen, d. h. hier den Landeskommissären, das Recht der Kassierung
oder der Suspension#).
des PStreB. Solche räumlich beschränkte Berordnungen sind auch da zulässig, wo die LoFkali-
sierung keine notwendige ist. Vgl. Toomaa. a. O. 384.
1) Eine eigenartige Vorschrift enthält das Wasser Ges. § 109 (die Bildung eines gemeinschaft-
lichen Bezirksrates), wenn bezirkspolizeiliche Vorschriften für mehrere Bezirke übereinstimmend
erlassen werden sollen. Vgl. hierüber Thoma a. a. O. S. 407.
2) 8 23 Ziff. 3 PStrGB. Ueber die Entstehungsgeschichte und die Bedeutung dieser Be-
stimmung, vgl. die interessanten, auf das französische und bayrische Recht eingehenden Darlegungen
von Thoma a. a. O. § 43 und § 44, der unter Hinweis auf den Inhalt des §+ 29 PStrGB. mit
Recht hervorhebt, daß eine Vorschrift jedenfalls dann nicht mehr als eine „vorübergehende“ anzu-
sehen sei, wenn sie mehr als 4—5 Wochen dauere. Die für die „fortdauernden“ Vorschriften zu er-
füllenden besonderen Bedingungen gelten auch dann, wenn die fortdauernde Vorschrift eine drin-
gende war. Die Behörde kann sich in diesem Falle damit helfen, daß sie zunächst auf kurze Zeit eine
in den einfacheren Formen zu haltende „vorübergehende“ Vorschrift erläßt und inzwischen den
Erlaß des Definitivums vorbereitet.
3) Auf Grund dieser Ermächtigung erging die VO. v. 15. Sept. 1864 (Rgl. Bl. S. 376), die
eine Bekanntgabe in der ortsüblichen Weise und durch das Amtsblatt vorschreibt.
4) „Außer Kraft zu setzen oder deren Vollzug einzustellen“. Vgl. Vollz.V O. z. VG. v. 12. Juli
1864. + 21 Abs. 2, und Vollz.V O. z. PStr#B. v. 20. Sept. 1864 K 3 Ziff. 1.