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Dritter Teil.
Die Verwaltung.
Erster Abschnitt.
Alklgemeines.
#5 70. Einleitung 1. (Verhältnis der Verwaltung zur Gesetzgebung und Rechts-
pflege). Die badische Verfassungsurkunde hat sich einer ausdrücklichen Teilung
der Gewalten enthalten. Sie betont im Gegenteil aufs schärfste, daß alle Rechte
der Staatsgewalt als eine Einheit dem Monarchen zustehen, und daß dieser nur
hinsichtlich ihrer Ausübung an gewisse festgesetzte Bestimmungen gebunden sei.
Diese Bestimmungen gehen aber, indem sie den Gerichten „innerhalb der
Grenzen ihrer Kompetenz“ die Unabhängigkeit vom Landesherrn garantieren, und
indem sie zur notwendigen Mitarbeit beim größten Teile der Gesetzgebung sowie
bei den wichtigsten Verwaltungshandlungen die neu eingeführten Stände berufen,
so weit, daß die von den Gerichten, die unter der Mitwirkung der Stände
und die allein vom Landesherrn aus seinem freien Entschluß ausgehende staatliche
Tätigkeit doch als drei streng geschiedene Kreise einander gegenüber stehen.
Die oberste Leitung aller staatlichen Angelegenheiten bezeichnet die Verf.=
Urk. in ihrem § 4 als „die Regierung“. Für die Führung der nicht den Ge-
richten zugewiesenen oder nicht der Zustimmung der Stände bedürftigen Ge-
schäfte verwendet der § 66, der allerdings nur von Verordnungen redet, den
Ausdruck „Verwaltung“. Mit diesem Ausdruck werden also nicht nur die Maß-
regeln, die zum Vollzuge von Gesetzen ergehen, umfaßt, sondern auch die ge-
samte freie Staatstätigkeit, welche dem Staatszweck dient, soweit sie sich inner-
halb der Rechtsordnung bewegt.
Die Folgezeit hat, wie anderwärts, so auch in Baden, das Gebiet dieser
freien Tätigkeit durch den Ausbau des Rechtsstaates immer mehr eingeschränkt.
Und wie sie zur Mitarbeit an der Rechtssetzung in steigendem Maße das
in den Ständen neugeschaffene Organ heranzog, so war sie auch bemüht, die
der Rechtsfindung dienende Tätigkeit in wachsendem Umfange den durch die
Verfassung in ihrem Bestande als unabhängige Organe anerkannten Gerichten
zu übertragen. Trotz allen Bestrebens, jedem der drei verschiedenen Staatsor-
gane auch diejenige Art von Staatstätigkeit zuzuweisen, welche dessen ursprüng-
licher Zweckbestimmung am meisten entspricht, ist jedoch die Verbindung ver-
schiedenartiger Staatstätigkeit in der Kompetenz einer und derselben Art von Be-