226 Die Verwaltung. Allgemeines. 8 71
fahren sowie in dem innerhalb der formellen Grenzen der Verwaltung stehenden
Verwaltungsstreitverfahren. In einer großen Reihe von Fällen sind auch die
bürgerlichen Gerichte, sei es auf Grund ausdrücklicher Bestimmung, sei es gestützt
auf einen Satz des Gewohnheitsrechtes zur Entscheidung von Streitigkeiten aus
dem Gebiete des Verwaltungsrechtes berufen. Handelt es sich dagegen um die
Verfolgung eines öffentlichen Beamten, so kann die an und für sich begründete
Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte durch Anrufung des Verwaltungsgerichtes
unter Umständen wieder ausgeschlossen werden. (Vorentscheidung des Verw.=
Ger.-Hofes.)
Bei der Ausübung der Polizei= und Finanzstrafgewalt ist die Tätigkeit der
Verwaltungsorgane immer nur eine vorläufige, die vorgenommen wird vorbehalt-
lich der richterlichen Entscheidung.
Zu den bisher ange führten Kautelen kommt noch die Kontrolle, welche durch
die in erster Linie zur Mitarbeit bei der Gesetzgebung berufenen Organe aus-
geübt werden kann, die sich in der Geltendmachung des Beschwerderechtes der
Stände und in der Erhebung der Ministeranklage zu betätigen vermag.
4. Für die zwangsweise Durchführung der auf dem Gebiete der Verwaltung
ergangenen Befehle gelten in Baden im Zweifelsfalle die für die Tätigkeit der
Polizeibehörden bestehenden Vorschriften, denn die Polizeibehörden sind, wo
nichts anderes bestimmt ist, dazu berufen, als allgemeine Vollzugsbehörden ein-
zugreifen. Eine Sonderregelung hat nur das Verfahren zur zwangsweisen Bei-
treibung öffentlich-rechtlicher Geldforderungen gefunden.
5. Als ein Rechtsinstitut von allgemeiner Bedeutung, das nicht nur den In-
teressen der wirtschaftlichen Verwaltung sondern auch anderen Zweigen der öffent-
lichen Verwaltungstätigkeit zu dienen geeignet ist, hat endlich auch in Baden die
Enteignung Anerkennung und nähere Ausbildung erfahren.
6. Von den fünf Gebieten, in welche die gesamte Verwaltungstätigkeit des
Staates nach ihrem Gegenstande eingeteilt zu werden pflegt, kommen seit der
Begründung des Deutschen Reiches für Baden, abgesehen von der früher bereits
erwähnten Justizverwaltung, im wesentlichen nur noch die Verwaltung des Innern
und die der Finanzen in Betracht. Im Bereiche der äußern Verwaltung ist die
Tätigkeit Badens sehr in den Hintergrund getreten, und die Verwaltung des
Heerwesens ist infolge der unterm 25. Nov. 1870 mit Preußen abgeschlossenen
Militärkonvention, soweit dieselbe von militärischen Behörden geführt wird, ganz
auf diesen Staat übergegangen.
Aber auch auf den beiden zuerst genannten Gebieten hat der badische Staat,
wie früher bereits hervorgehoben, in seiner rechtlichen Stellung bedeutende Ein-
bußen erlitten. Einen Teil der hier einschlagenden, vordem von ihm frei verwalteten,
Materien hat das Reich in seine Verwaltung übernommen, andere hat es seiner
Beaufsichtigung und Gesetzgebung unterstellt. Die Schilderung der sich hieraus
ergebenden Beziehungen Badens zum Reich gehört ebenso wie die Darstellung
der vom Reiche übernommenen Verwaltungszweige zur Behandlung des Reichs-
staatsrechtes.
s 71. Das Berfahren in Berwaltungssachen. Die Rechtsvorschriften, nach