71 Das Verfahren in Verwaltungssachen. 227
—
denen die Verwaltungsbehörden bei der Besorgung der ihnen obliegenden
Aufgaben zu verfahren haben, finden sich in einer das ganze Verwaltungsge-
biet durchziehenden großen Reihe von Einzelgesetzen, Verordnungen und Dienst-
weisungen.
Soweit es sich dabei um Maßnahmen handelt, bei deren Vornahme der
Staat sich auf dem Boden des Privatwirtschaftsverkehrs bewegt, greifen staats-
rechtliche Vorschriften nur Platz, um die Zuständigkeit der einzelnen Staatsor-
gane zum Abschluß der einschlagenden Rechtsgeschäfte zu bestimmen, oder um für
den Abschluß gewisse von der allgemeinen Verkehrsfreiheit abweichende Normen
den Staatsorganen vorzuschreiben.
Anders dagegen gestaltet sich das Verhältnis, wenn die Verwaltungshand-
lungen sich darstellen als Aeußerungen der dem Staate innewohnenden öffent-
lichen Gewalt. Hier gelten, den Anforderungen des Rechtsstaates in immer
weiterem Umfange Rechnung tragend, eine Reihe von eingehenden Vorschriften,
die mit der Begründung des Großherzogtums einsetzen und in der Folge sich
stetig ausbreiten, deren Zweck dahin gerichtet ist, das Verfahren der Verwal-
tungsorgane mit den als notwendig erkannten Garantien zu umgeben, und die
bis zur Zulassung eines förmlichen Verwaltungsrechtsweges gehen.
Die fraglichen Bestimmungen finden sich in vielen Einzelgesetzen, welche für
die Behandlung gewisser Materien nicht nur die nötigen Rechtsschutzvorschriften
geben, sondern zugleich auch eine richtige Würdigung der in Betracht kommen-
den Interessen !) der Einzelnen gewährleisten wollen. Daneben besteht aber nach
badischem Recht mit subsidiärer Geltung für die innere Verwaltung sowohl als
auch für die Finanzverwaltung eine allgemeine Vorschrift über die Art und
Weise, wie die Verwaltungsbehörden außerhalb des verwaltungsgerichtlichen Pro-
zesses zu verfahren haben, die sogen. Verfahrensordnung, welche
als Ldh. VO. das Verfahren in Verwaltungssachen betr. unterm 31. August
1884 2) neu veröffentlicht wurde und mit Ldh. VO. vom 8. Juni 1905s8) eine
Reihe von Veränderungen erfahren hat.
Die heutige Verfahrensordnung enthält, von den soeben erwähnten Ergän-
zungen aus dem Jahre 1905 abgesehen, im wesentlichen eine Wiederholung der
bereits in der Vollz.-VO. zum Verw.-Gesetz vom 5. Oktober 18634) in den
## 32—44 und in § 83—88 für das Beschlußverfahren im Gegensatz zum Ver-
waltungsstreitverfahren gegebenen Vorschriften. Vor dem Erlaß dieser Vollz.=
VO. bestimmte sich das Verwaltungsverfahren nach der sogen. Rekursordnung
vom 14. März 1833 5), die, ebenfalls als Ldh. VO. ergangen, ihre gesetzliche
Grundlage in dem vor dem Erlaß der Verfassung erflossenen und niemals auf-
gehobenen Organis. Edikt vom 25. November 1809°) gefunden hatte. Für das
2) G.u. VOl. S. 3
3) G.u. VOll. S. 309 ff.
4) Ldh. VO. v. 12. Juli 1864, Reg. Bl. S. 333 ff.
5) Reg. Bl. S. 63.
6) Beil. C und D des Ediktes (Reg. Bl. S. 424) auf dem Landtage 1899/1900 wurde die Gül-
tigkeit der Berf. O. zu Unrecht bestritten (uvgl. die S. 80 in Anm. 3 angef. Abhandlung S. 84 f.).
15
1) Bgl. die bezügl. erschriften des Enteignungs-, des Wasser-, des Ortsstraßengesetzes usw.
85 f