Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

71 Das Verfahren in Verwaltungssachen. 229 
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4. Ueber die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des BB. 
Sonn= und Feiertage werden auch bei den nach Stunden berechneten Fristen 
nicht mitgerechnet 1). 
5. Die Verpflichtung von Zeugen und Sachverständigen erfolgt nur auf 
Verlangen der Beteiligten, oder wenn es aus Gründen des öffentlichen Inter- 
esses notwendig erscheint. Regel ist die handgelübliche Verpflichtung; bei Sach- 
verständigen genügt unter Umständen die Berufung auf einen früher geleisteten 
allgemeinen Eid. Eine eidliche oder handgelübliche Bestätigung der Aussagen 
von Beteiligten ist nur zugelassen, wo dies durch besondere Gesetzesbestimmungen 
vorgeschrieben ist 2). 
6. Die Kosten des Verfahrens fallen demjenigen zur Last, welcher das- 
selbe veranlaßt hat, vorbehaltlich einer Belastung derjenigen Personen, welche 
unbegründete Einwendungen erhoben oder das Verfahren schuldhafter Weise ver- 
zögert habens ). 
7. Besonders eingehende Vorschriften bestehen über das Verfahren vor 
den Bezirksräten und über die Rechtsmittel in Verwaltungs- 
sachen: 
àa) Die ersteren erstreben eine ausreichende Garantie dafür zu geben, daß 
die vom Bezirksrate zu erledigenden Gegenstände unter Zuzug der Beteiligten 
genügend vorbereitet und in mündlicher Verhandlung in öffentlicher Sitzung zu 
erschöpfender Würdigung gelangen. Von der Oeffentlichkeit der Verhandlung 
kann aus Gründen des öffentlichen Wohles oder der Sittlichkeit durch Beschluß 
des Bezirksrates Umgang genommen werden, ebenso kann die Erhebung der 
Beweise von seiten des Bezirksbeamten allein geschehen 9. 
Der in geheimer Beratung zu fassende Beschluß des Bezirksrates erfolgt 
durch einfache Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit entscheidet der Vor- 
sitzende 5). 
Ueber die ganze Verhandlung ist ein genaues Protokoll zu führen, das ein 
umfassendes Bild des Ganges der Verhandlungen mit ihren Resultaten zu geben 
hat. Bei der Eröffnung der ergehenden Entschließungen sind die Beteiligten 
über die ihnen zustehenden verschiedenen Rechtsmittel ausdrücklich zu belehren). 
b) Die Rechtsmittel, welche die Verfahrensordnung kennt, sind der 
Rekurs, die Beschwerde oder Einsprache und das Gesuch um 
Wiederherstellung. 
Alle drei sind wahre Rechtsschutzmittel; sie haben nicht etwa den Charakter 
einer bloßen Gegenvorstellung oder einer Anzeige an die höhere Behörde über 
1) Verf.O. 88 9, 10. 
2) Berf. O. 88 11, 12, RCProO. g8 392, 410. Ges. v. 20. Dez. 1848. Reg. Bl. S. 464 (Hand- 
elũbde). 
8 3) 8 15 Verf. O.: wegen der Gebühren der zugezogenen Rechtsanwälte: VO. v. 8. Oktob. 
1884 (G. u. VOBI. S. 409). 
4) Bgl. Verf. O. 88 16 —23. Die Oeffentlichkeit fällt natürlich auch dann weg, wenn es sich um 
Sachen handelt, bei deren Erledigung ein Beizug von Beteiligten nicht in Frage kommen kann. 
5) Verf. O. 8 24. Zur Erstattung von Referaten oder zur Erläuterung einzelner Fragen kann 
der Bezirksbeamte auch die übrigen Beamten des Bezirksamtes ebenso besondere Sachverständige 
zur Sitzung mitheranziehen. Das Stimmrecht beruht aber, wie früher schon erwähnt, immer nur 
beim Vorsitzenden (Verf. O. 7 25). 
6) Verf. O. g8 26, 27.
	        
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