Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

874 Die Enteignung. 243 
  
an Stelle der Entziehung des Rechtes dessen dauernde oder vorübergehende 
Beschränkung zugunsten des Unternehmens, so darf sich der Eingriff nur auf 
diese Beschränkung erstrecken 1). Den dinglich Berechtigten stehen die Mieter und 
Pächter gleich. 
Nicht zu den als Obiekt der Enteignung anzusehenden Beschränkungen ge- 
hören die Verpflichtungen zur Duldung der Vorbereitun gshandlungen 
eines Unternehmens, die im Gesetze unmittelbar allen Beteiligten vorbehaltlich 
der Entschädigung auferlegt sind. Ueber die Geltendmachung dieser Verpflich- 
tungen entscheidet das Bezirksamt. Auf die Feststellung des Schadensersatzes, 
der vorläufig durch die Ortspolizeibehörde ermittelt wird, finden die allgemeinen 
Grundsätze des BGB. Anwendung2). 
c) Eine wesentliche Voraussetzung für die Durchführung der Enteignung 
ist ferner der vorherige vollständige Ausgleich der wirtschaftlichen Schädigung 
des Betroffenen in der Form einer Geldzahlung. Nur, soweit es sich um die 
Herstellung und Unterhaltung der öffentlichen Anlagen und Einrichtungen handelt, 
die im allgemeinen Interesse oder für die benachbarten Grundstücke zur Siche- 
rung gegen Gefahren und Nachteile nötig sind, tritt eine Verpflichtung zu Na- 
turalleistungen ein ). 
Die zu zahlende Geldentschädigung umfaßt nicht nur den Wert 
des abzutretenden Grundstückes einschließlich der mit enteigneten Zubehörden und 
Früchte, sondern auch den etwaigen weiteren Schaden, der dem Betroffenen in- 
folge der Abtretung in seinem übrigen Vermögen erwächst. Die Vorteile, die 
dem Enteigneten infolge der Ausführung des Unternehmens zugehen, braucht 
derselbe sich nicht anrechnen zu lassen. Bei Teilenteignungen ist auch der Zu- 
sammenhangswert mit zu berücksichtigen. Hier fällt natürlich die durch das 
Unternehmen für das Restgrundstück bewirkte Wertserhöhung mit ins Gewicht. 
Kann das Restgrundstück nach seiner bisherigen Bestimmung nicht mehr zweck- 
mäßig benützt werden, so steht dem Eigentümer das Recht zu, eine Ausdeh- 
nung der Enteignung zu verlangen). 
Analoge Grundsätze gelten für den Fall, daß auf dem abzutretenden Grund- 
stücke Grunddienstbarkeiten haften, die nach der Abtretung aufhören sollen. 
Die übrigen dinglichen Berechtigten werden auf den an die Stelle des 
abgetretenen Grundstückes tretenden Entschädigungsbetrag verwiesen. Der Vor- 
kaufsberechtigte kann für das Erlöschen seines Rechtes vom Unternehmer Scha- 
densersatz verlangen; einen gleichen Anspruch auf den Ersatz ihres Nachteils kön- 
nen gegen den Unternehmer auch die Pächter und Mieter geltend machen, vor- 
ausgesetzt, daß das Miet= oder Pachtverhältnis nicht erst nach dem für die Wert- 
  
1) Nach früherem Rechte war nur eine völlige Entziehung des Rechtes möglich, in das einge- 
Kcten werden wollte. Von den unter das Ent. Recht fallenden Beschränkungen sind diejenigen Be- 
schränkungen wohl zu unterscheiden, die auf Eingriffen polizeilicher Art beruhen. Mit der 
oben angedeuteten Weiterbildung des früheren Rechtes wollte der Gesetzgeber keineswegs auch für 
diese letztere Art von Eingriffen eine Entschädigungepfücht statuieren. 
2) & 4 des Ges. Dorner und Seng a. a. O. S. 230 f. 
3) 5 5 des Ges. 
4) &# 6 u. ff. des Ges.: Gebäude sind immer ganz zu enteignen. 
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