Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

§ 74 Die Enteignung. 247 
  
  
schon vor der Erlassung des Enteignungsbeschlusses dem Unternehmer einen dem 
künftigen Rechtszustande entsprechenden Besitzstand einräumen, sobald die im 
Feststellungsbescheide bestimmte Entschädigung geleistet oder sichergestellt ist 1). 
Die Rechte, die mit der Perfektion der Enteignung für den Unternehmer 
entstehen, sind privatrechtlicher Art, sie unterliegen aber nichtsdestoweniger der 
mit dem Zweck des Unternehmens verbundenen öffentlichen Sonderbestimmung. 
Läßt sich diese Sonderbestimmung infolge Aufgebens oder einer Aenderung 
des Unternehmens nicht mehr erfüllen, so können die früheren Eigentümer ihre 
Grundstücke oder die ihnen entzogenen Teile, die aus dem Bereich des Unter- 
nehmens gefallen sind, gegen Rückerstattung der Entschädigungssumme innerhalb 
einer Frist von drei Jahren vom Unternehmer zurückverlangen, vorausgesetzt, daß 
an den enteigneten Stücken inzwischen keine wertserhöhende wesentliche Umge- 
staltungen vorgenommen worden sind. Der bezügliche Anspruch, der als obli- 
gatorisches Recht nur gegen den Unternehmer nicht auch gegen dritte Erwerber 
des Grundstückes erhoben werden kann, ist bei den bürgerlichen Gerichten geltend 
zu machen 2). 
Ein Rücktritt von der Enteignung, der nach dem früheren Rechte dem 
Unternehmer jederzeit auch nach Erlaß des rechtskräftigen Urteils über die Ent- 
schädigung noch zustand, ist heute nur noch möglich vor Ablauf der oben er- 
wähnten monatlichen Frist nach Zustellung des Feststellungsbescheides. Er ver- 
pflichtet zum Ersatze des durch das Verfahren verursachten Schadens. Wird das 
Unternehmen erst später aufgegeben, so ist, mangels einer entgegenstehenden 
Einigung der Beteiligten, die Enteignung gleichwohl durchzuführen 2), eine 
Borschrift, die der alten Zwangskaufstheorie entsprungen in das System der Ent- 
eignung nicht hineinpaßt und in der Praxis zu großen Unzuträglichkeiten zu 
führen geeignet ist. 
Die Kosten des Verfahrens hat der Unternehmer zu tragen; für die im 
Verwaltungswege gepflogenen Verhandlungen werden Gebühren ufw. 
nicht angesetzt . 
1) 8§ 52 u. ff. des Ges. Dieser Einräumung hat zunächst ein mit Beschwerde an das Ministe- 
rium anfechtbarer Beschluß vorauszugehen, der die Dringlichkeit anerkennt. Sodann ist dem Ent- 
eigneten noch eine einwöchentliche Frist eingeräumt, innerhalb deren er beim zuständigen Gericht 
die Sicherung des Beweises beantragen kann. Erst nach Ablauf dieser Frist oder nach Beendigung 
des gerichtlichen Verfahrens ist die Besitzgewährung zulässig, die dann keiner Anfechtung mehr 
unterliegt. 
2) §& 59 des Ges. 
3) +44 Ziff. 6; § 58 des Ges. 
4) §§ 55 u. ff. des Ges. Für die durch Beschreitung des Rechtsweges entstehenden Kosten 
gelten die Bestimmungen der ZPO.
	        
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