Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

8 76 Das Staatsvermögen. 249 
  
Die Tätigkeit der Amortisationskassen wird unten zur Besprechung gelangen. 
Zur speziellen Beaufsichtigung der einzelnen staatlichen Kassen sind dem 
Finanzministerium besondere Finanzinspektoren beigegeben. 
Die Verwaltung der zur unmittelbaren Verwendung für staatliche Zwecke 
bestimmten Vermögensstücke liegt in den Händen der Leiter des betreffenden 
Verwaltungszweiges. 
Bei allen wichtigeren Handlungen der Finanzverwaltung, vor allem bei 
Aufstellung des Staatsvoranschlages, sind die Stände zur Mitwirkung berufen. 
Als unabhängiges Kontrollorgan über die gesamte Staatshaushaltsführung fun- 
giert die früher bereits besprochene Oberrechnungskammer. 
76. Das Staatsvermögen. Schon zur Zeit der Markgrafschaft war der 
Gedanke, daß zwischen dem Vermögen, welches dem Lande gehöre und dem- 
jenigen, das im Privatbesitze des Landesherrn stehe, zu unterscheiden sei, grund- 
sätzlich anerkannt. Bei der Begründung des Großherzogtums wurde derselbe 
feierlich von neuem proklamiert 1). Trotzdem ist die vollständige Trennung bei- 
der Vermögensmassen auch bis heute noch nicht zur Durchführung gelangt. Für 
einen großen Komplex von Gütern, die unter dem Namen der Domänen 
zusammengefaßt werden, ist heute noch nicht entschieden, ob sie dem Staate 
eignen, oder dem Landesherrn und seiner Familie. 
Die Verfass.-Urkunde hat diese Güter zwar tatsächlich dem Staate zur Ver- 
waltung und Nutzung überwiesen, eine erschöpfende Lösung der Frage des Eigen- 
tums an denselben hat sie jedoch, wie früher bereits erwähnt, nicht gebracht. 
Auch in der Folgezeit ist man über gewisse Anläufe zur grundsätzlichen In- 
angriffnahme der Entscheidung über die Eigentumsfrage nicht hinausgekommen. 
Zur Bezeichnung des Staates in seiner Eigenschaft als Vermögenssubjekt 
verwendet auch die badische Gesetzessprache den hergebrachten Ausdruck Fiskus: 
doch wird dieses Wort in den neueren Gesetzen vorwiegend nur für den Staat 
in seiner Eigenschaft als Subjekt von privatrechtlichen Befugnissen und Ver- 
bindlichkeiten gebraucht 2). Die Anschauung, daß der Fiskus neben dem Staate 
eine eigene selbständige juristische Person des Privatrechtes bilde, ist nicht zur 
Anerkennung gelangt. 
Die rechtliche Stellung des Staates im Privatrecht bestimmt sich heute nach 
den Vorschriften des BGB. und der Gr. BO. Das badische Ausf.-Ges. zum 
BGB. hat dem Staate einen gesetzlichen Hypothekentitel auf die Grundstücke 
seiner Einnehmer und Verwalter eingeräumt 3). Die unbedingte Gerichtspflichtigkeit 
des Fiskus, die im & 4 des EcG. zur B3PO. ausgesprochen wird, war in Baden 
1) Vgl. das Edikt v. 1. Oktober 1806 §5 1 (Reg.Bl. S. 90). 
2) Vgl. z. B. Verf. Urk. & 14 Abs. 3; ehem. bad. bürgerl. Pr O. §§ 3, 21 und die im Kommen- 
tar (1867) zu diesem Gesetze von R. v. Freydorff (S. 366 ff.) abgedruckten älteren Gesetze von 
1803 an; ferner Verw.G. § 30; AG. z. BGB. Art. 6. Daneben wird aber auch da, wo es sich um 
reine vermögensrechtliche Fragen handelt, an Stelle des Wortes Fiskus die Bezeichnung „Staat" 
gebraucht, so z. B. Verf. Urk. § 22, AG. zum B#. Art. 5. In öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 
wurde der Staat schlechtweg Fiskus genannt in der Vollz. V O. zum Verw. GG. § 103 Abs. 2; in 
neuerer Zeit wird im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Bezeichnung Fiskus vermieden. 
Bg. BRPfl G. § 41. 
5 3) Art. 6 AG. zum BG#B.; vergl. ferner Art. 11 dies. Ges. sowie Gr. BO. F 90, Ausf. VO. 
azu §& 71.
	        
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