Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

s90 Der Staatsvoranschlag. 287 
ten Gesamtaufwandes, von dem nur ein Teil zur Verwendung in der laufenden Budget- 
periode eingestellt war, und endlich für neu hervortretende Bedürfnisse, deren Befrie- 
digung nicht verschieblich ist, oder doch nur mit entschiedenem Nachteil bis zur Ein- 
holung der ständischen Zustimmung verschoben werden könnte. Die Administrativ- 
kredite sind den Ständen jeweils bei ihrem nächsten Zusammentritt mit der Begrün- 
dung ihrer Veranlassung zur Genehmigung vorzulegen 1). 
Alle durch den Staatshaushalt oder durch administrative Anordnung bewilligten 
Kredite erlöschen mit dem Ablauf der Budgetperiode 2). Die Regierung ist jedoch 
ermächtigt, über Kredite zu außerordentlichen Ausgaben, welche am Schluß 
der Budgetperiode noch nicht oder nur teilweise zur Verwendung kamen, in der neuen 
Budgetperiode zu verfügen, sofern der ursprünglich der Verwilligung zugrunde 
gelegte Plan ohne wesentliche Aenderung eingehalten wird 3). 
Sie ist ferner in der Lage, auch von den im ordentlichen Etat vorgesehenen 
Ausgaben, nach Ablauf einer Budgetperiode, alle ständigen Dotationen, Staatsbei- 
träge und sonstigen Ausgaben in den gleichen Beträgen fortzahlen zu lassen, wie sie 
im letzten Haushalt bewilligt worden sind, solange sie durch Gesetze oder gemäß § 62 
der Verf. Urk. zur Erhebung der Abgaben befugt ist. In der Regel wird das Recht 
der Regierung zur Forterhebung der Abgaben durch ein besonderes Gesetz festgestellt, 
welches die Zeit bis zum Abschluß der Budgetberatung umfaßt. Nach § 62 Verf. Urk. 
besitzt jedoch die Regierung ganz allgemein die Befugnis, die „alten auch nichtständigen 
Abgaben" nach Ablauf der Verwilligungszeit noch sechs Monate“ fort zu erheben, 
wenn die Ständeversammlung aufgelöst wird, ehe ein neues Budget zustande 
kommt, oder, wenn sich die ständischen Beratungen verzögern ). 
Liegen die angeführten besonderen Voraussetzungen nicht vor, so kann auf die 
in einem früheren Budget bewilligten Einnahmen und Ausgaben nicht ohne weiteres 
zurückgegriffen werden. Keineswegs aber darf aus dem Unterbleiben der notwen- 
digen Feststellung des Staatshaushaltes und des Finanzgesetzes die Folgerung ge- 
zogen werden, daß nunmehr die Regierung der Befugnis zur Führung der Finanz- 
verwaltung überhaupt entbehre. Die Vollmacht zu dieser Tätigkeit ist nicht in der 
Tatsache der erfolgten Budgetfeststellung, sondern in der gesetzlichen Organisation des 
Staates und in der dem Herrscher durch die Verf. Urkunde gewährleisteten Zuständig- 
keit zur Ausübung der Staatsgewalt begründet. Die Regierung vermag deshalb auch 
bei nicht vereinbartem Budget, und sie ist dazu verpflichtet, alle die Ausgaben zu be- 
wirken und die Einnahmen zu ziehen, die auf bestehenden Gesetzesvorschriften beruhen. 
Eine Erhebung der in der Form der beweglichen Steuern ausgebildeten Abgaben 
kann sie, wenn das die nähere Bestimmung des Steuerfußes aussprechende Finanz- 
gesetz nicht zustande gekommen, allerdings nicht vornehmen. Sie vermag auch nicht, 
die für diese Steuerarten notwendige Ergänzung des Gesetzes im Wege einer Not- 
1) Art. 12 des Ges. 
2) Art. 13 des Ges. 
3) Den Ständen ist in diesen Fällen mit der Vorlage des Budgets eine spezielle Nachweisung 
zu liefern, behufs genauer Feststellung des noch zu deckenden Aufwandes. Art. 13 Abs. 2. 
4) Die nach Verf. Urk. § 63 weiter eingeräumte Berechtigung zur Erhebung von Kriegssteuern 
ist, wie früher, bereits erwähnt, mit der Reichsgründung und dem Abschluß der Militärkonvention 
in Wegfall gekommen. Vgl. Glockner a. a. O. S. 141.
	        
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