290 Die Verwaltung der Finanzen. Die Finanzverwaltung d. Gemeinden u. Kreise. * 92
3. welche Etatsüberschreitungen, sowie welche außeretatsmäßigen Einnahmen
und Ausgaben stattgefunden haben.
Mit ihren Bemerkungen hat die Oberrechnungskammer eine Denkschrift zu
verbinden, welche die Hauptergebnisse der Prüfung übersichtlich zusammenstellt. Der
Denkschrift sind die Wahrnehmungen der Oberrechnungskammer über etwaige aus
den Rechnungen sich ergebende wesentliche Mängel der Verwaltung und gutächt-
liche Vorschläge zur Abhilfe derselben beizufügen.
Halten die Kammern in den zum Geschäftskreise der Oberrechnungskammer ge-
hörenden Fragen noch eine weitere Aufklärung für nötig, so können sie von dieser
Behörde von sich aus durch Vermittelung des Staatsministeriums Gutachten erheben 2).
Sie sind überdies berechtigt, falls die Oberrechnungskammer die ihr gegenüber den
Ständen obliegenden Pflichten verletzt, beim Staatsministerium die Einleitung eines
Disziplinarverfahrens zu beantragen, dessen Durchführung unter Um-
ständen im Wege einer Ministeranklage erzwungen werden kann.
Die Beschlußfassung über die vorgelegten Rechnungsnachweisungen und Dar-
stellungen hat zuerst von der zweiten Kammer zu geschehen.
Die Entschließung der Stände über die Staatsrechnung regelt nur das Verhältnis
zwischen den Kammern und der Regierung. Werden die Rechnungen genehmigt, so
verzichtet damit die Ständeversammlung auf das Recht, die Regierung wegen der
etwa mitunterlaufenen Etatsverletzungen zur Rechenschaft zu ziehen. Die aus einer
etwaigen Mehrerhebung von Steuern resultierende Verletzung der Rechte der Unter-
tanen wird dadurch nicht berührt. Ebenso bleibt andererseits die Versagung der Ge-
nehmigung zu einer von der Regierung über die Grenzen des Etats hinaus gemachten
Ausgabe ohne Wirksamkeit auf das Verhältnis zwischen dem Staat und dritten Per-
sonen. Die Verbescheidung der Rechnungen geschieht deshalb auch nur in der Form
einer Resolution, die als Adresse, in der die Beschlüsse der beiden Kammern gesondert
zum Ausdruck kommen, dem Landesherrn unterbreitet wird 3).
Der Landesherr hat außerdem nach Ablauf eines jeden Geschäftsjahres von
der Oberrechnungskammer einen Bericht über die Ergebnisse ihrer Geschäftstätigkeit
zu erhalten mit etwaigen gutächtlichen Vorschlägen /.
Zweites Kapitel.
Bie Finanzverwaltung der Gemeinden und Kreise.
5* 92. Das Gemeindevermögen 5). Das Vermögen der Gemeinden, das nach dem
Wortlaute des Gesetzes „den Bürgern als Gesamtheit“ gehört, zerfällt in das Ge-
meindegut und in das Almendgut. Die Erträgnisse des ersteren haben zunächst zur
Bestreitung des Gemeindeaufwandes zu dienen; das letztere ist, wie früher bereits
1) Art. 18 des Ges.
2) Bei Meinungsverschiedenheit zwischen den beiden Kammern findet § 61 Verf. Urk. Anwen-
dung und zwar im Sinne der Verf. Novelle vom 24. Aug. 1904 (richtig Glocknera. a. O. S. 342)
und oben im Text 819. «
3) Bestehender Uebung gemäß wird diese Adresse nachträglich im Auftrage des Staatsmini-
steriums vom Ministerium der Finanzen im G.u. VOl. veröffentlicht.
4) Art. 20 des Ges.
5) Vgl. hierzu Wielandt, Sde. Rt. Bd. 1 S. 184 ff.