Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

300 Die innere Verwaltung. Die Polizei. 8 96 
  
In die Zuständigkeit der Polizei fallen deshalb, sofern nicht eine beschränkende 
Spezialvorschrift entgegensteht, auch Maßnahmen, welche der Förderung der 
allgemeinen Wohlfahrt dienen 1). Allerdings ist die Zahl dieser einengenden Vor- 
schriften eine sehr große und ihr Inhalt ein derartiger, daß die Machtbefugnis der 
Polizeibehörden in Baden tatsächlich der Hauptsache nach auf den Schutz gegen Ge- 
fährdungen beschränkt bleibt. 
II. Die gesetzliche Grundlage des heutigen Polizeirechtes bilden neben 
dem formell nicht zur Aufhebung gelangten Organ. Edikt vom 26. Nov. 1809 
und der Gemeinde-Ordnung vom 31. Dez. 1831 vor allem die großen Reformgesetze 
des Jahres 1863, mit ihren Nachträgen und Abänderungsgesetzen, in erster Linie das 
unterm 31. Oktober des genannten Jahres erlassene PStrG., das nicht nur 
eine umfassende Kodifikation der Polizeidelikte enthielt, sondern zugleich auch das 
gesamte Polizeiverwaltungsrecht einer Neuregelung unterzog 2). Die landesgesetz- 
liche Grundlage für die im RöStr#B. für gewisse Lebensgebiete vorgesehene und 
mit einer Strafsanktion bewehrte besondere Normierung wurde durch das Bad. 
Einf. G. zum RötrG#B. geschaffen 3). An die Stelle der älteren landesgesetzlichen 
Vorschriften, welche die Polizeibehörde zur vorläufigen Straffestsetzung ermächtigten ), 
sind nach Einführung der RJustiz-Gesetze die auf den §# 453 ff. Str PO. 
und § 6 Ziff. 5 des EG. beruhenden Bestimmungen des LGes. vom 3. März 1879 
§ 124 ff. 5) getreten. 
III. Die zur Handhabung der Polizeigewalt zuständigen Behörden 
sind in unterster Instanz im Zweifelsfalle die Vorsteher der Gemeinden (Bürger- 
meister, Oberbürgermeister, Stabhalter), die, als unterstes Glied in die staatliche 
Organisation eingefügt, namens der Gemeinden die den letzteren übertragene Octs- 
polizei verwalten 6). Mit den Gemeindevorstehern, die in einzelnen Fällen an die Mit- 
wirkung der Gemeindeverwaltung (des Gemeinderates usw.) gebunden?) sind, konkur- 
rieren auf einem räumlich ganz eng begrenzten Gebiete hinsichtlich der Anwendung der 
polizeilichen Strafgewalt die Grund= und Standesherren 8). Außerdem steht es der Re. 
gierung jederzeit frei, einzelne Zweige der Ortspolizeiverwaltung mit Ausnahme der 
„Gemarkungspolizei“ einer in der betreffenden Gemeinde errichteten staatlichen Stelle 
zu übertragen. Insoweit die Gemeinde als Verwalterin der Ortspolizei in Frage kommt, 
- oll ya. a. O. S. 78, Wielandt a. a. O. S. 219, und insbesondere Thoma 
2) Eine ausführliche Darstellung der Entstehungsgeschichte des PStr B. gibt Thoma 
a. a. O. S. 189—215. Von den vielen Abänderungen und Ergänzungen, die dieses Ges. erfahren, 
waren die durch das LEG. zum RöStr#B. v. 23. Dezemb. 1871 die am tiessten gehenden. Nach 
dem Inkrafttreten des BGB. wurde das Ges. auf Grund der im AG. zum BGB. Art. 44 erteilten 
Ermächtigung durch das Min. d. J. im G.u. VOBl. 1899 S. 746—773 in neuer Fassung publi- 
ziert, die aber seitdem schon wieder verschiedene Veränderungen erfahren hat (Ges. vom 20. Aug. 
1904, G.u. VOl. S. 397 ff.). 
3) Art. 3 Ziff. VI des Ges., vgl. dazu Thomaa. a. O. S. 317 u. ff. und oben 867. 
4) Ges. über die Gerichtsbarkeit * das Verfahren in Pol. Strafsachen v. 28. Mai 1864. 
5) G.u. VOl. S. 91 ff. 
6) Gde. u. St O. & 6 Abs. 2. Da es sich hier um die Ausübung einer staatlichen Funktion han- 
delt, so sind für die Handhabung der Ortspolizei die für die staatliche Polizeiverwaltung geltenden 
und die von dieser aufgestellten Grundsätze maßgebend. Vgl. Gde. u. St O. 5 58, E. d. VGPH. v. 24. 
Jan. 1915 R Pr. 06 S. 325 
7) Gde. u. St O. J 61; PStrGB. g 23 Ziff. 1. 
8) Gde. u. St O. 8 6 Ziff. 3. Dieselben besitzen nur noch ein Strafperfügungs recht, 
arg. PStr G. s 23. 
S. 4
	        
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