Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

§s 96 Allgemeines. 301 
  
hat sie nicht nur die persönlichen sondern auch die sachlichen Kosten der Verwaltungssüh- 
rung zu bestreiten, wogegen ihr die vom Gemeindevorsteher erkannten Geldstrafen zu- 
fließen. An den Kosten der eingerichteten staatlichen Polizeistellen hat sich die Gemeinde, 
von einzelnen sachlichen Leistungen 1) abgesehen, nur mit einem festen Beitrag zu dem 
persönlichen Aufwand für die Schutzmannschaft zu beteiligen, der im Wege einer 
Ldh. VO. näher bestimmt wurde 2). Die Praxis der Verwaltungsbehörden und 
der Gerichte erklärt jedoch die Gemeinden in allen Fällen auch dann als zahlungs- 
pflichtig, wenn es sich um die Bestreitung von Kosten polizeilich angeordneter Ein- 
richtungen und Maßregeln handelt 3). 
Ueber den Ortspolizeiverwaltern stehen als Aufsichtsorgane zugleich auch mit der 
Verwaltung der Bezirkspolizei betraut die Bezirksämter, die bald allein durch ihren 
Vorstand tätig werden, bald der Mitwirkung des Bezirksrates bedürfen. Auf dem 
Gebiete der Strafverfolgung kommen neben ihnen die Eisenbahn= und Hafenbe- 
hörden in Betracht, außerdem in einzelnen Zweigen der Wasserverwaltung die dort 
zuständigen technischen Behörden, sowie bei der Ausübung der Forstpolizei die Forst- 
behörden 4). 
Als oberste Polizeibehörde fungiert das Ministerium des Innern, an dessen Stelle 
jedoch in einzelnen Fällen, so als Beschwerdeinstanz im polizeilichen Strafverfahren 
die Landeskommissäre oder die technischen Mittelbehörden treten. 
IV. Was die Befugnisse der Polizeibehörden in materieller Hinsicht angeht, 
so ist von dem Verordnungsrechte derselben früher schon gesprochen worden. Die dort 
hervorgehobenen Beschränkungen, welche mit dem Erlaß des Pol. Str G. dem frü- 
heren Rechtszustande gegenüber eingeführt wurden, gelten auch für das polizeiliche 
Verfügungsrecht. 
1. Eine verpflichtende Polizeiverfügung kann nur erlassen werden auf 
Grund einer speziellen gesetzlichen Vollmacht. Im Gegensatz zu dem bezüglich der 
Verordnungen Gesagten sind jedoch die Einzelfälle, in denen gesetzliche Ermächti- 
gungen zu verpflichtenden Verfügungen gegeben werden, verhältnismäßig selten. 
Die Vollmacht zur verordnungsmäßigen Regelung einer Materie schließt die Befugnis 
zum Erlaß von verpflichtenden Einzelverfügungen noch nicht in sich 5). 
Wie auf dem Gebiete der Verordnungen durch die früher besprochene Bestim- 
mung des 8 29 PStrGB. von dem Grundsatz der Spezialdelegation eine Ausnahme 
gemacht wird, so ist das gleiche Prinzip auch hinsichtlich der verpflichtenden 
1) Stallung, Heizung und Beleuchtung der Wachstuben und anderer „für die Zwecke der 
Ortspolizei erforderlichen Lokale“. 
2) Ldh. VO. v. 22. Dez. 1836 (Reg. Bl. Nr. 59) ersetzt durch Ldh. V O. v. 15. Juni 1876 G. u. V.= 
Bl. S. 176 neu gefaßt durch Ldh. V O. v. 22. Juni 1890. Der Beitrag beläuft sich zur Zeit auf sechs 
Zehntel der Gehalte mit Ausnahme derjenigen der Pol.Kommissäre. Die Rechtsgültigkeit dieser 
Regelung wird mit Recht angezweifelt von Thoma a. a. O. S. 166 ff. 
3) Gestützt auf 59 Gde. St O. und zwar auch da, wo ein besonderer Satz des öffentlichen 
Rechtes, der die Gemeinden zur Beschaffung der betreff. usw. Einrichtung verpflichtete, nicht nach- 
gewiesen ist. Mit Recht gegen diese Auslegung Thomaga. a. O. S. 154 ff. Eine bloße Verfah- 
rensvorschrift gibt Gde.u. St O. § 60; wegen der Kosten der Forstpolizei Forst Ges. § 6. 
4) ESG. zu dem RJG. v. 3. März 1879 8§§ 124 u. ff.; die zu den §J§8 156 und 156 PStr#B. 
ergangenen Spezialverordnungen; Wass. Ges. § 107; Vollz. VO. dazu § 5 Ziff. 5; Forstges. § 8. 
Der §&127 und Abs. 1 des § 128 Eüc. zu dem RJG. haben durch Gesetz vom 18. Juli 1908 (G.u. VOl. 
S. 320) eine neue Fassung erhalten. 
5) Zutreffend Thoma a. a. O. S. 270 und 341 f.
	        
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