304 Die innere Verwaltung. Die Polizei.
EL
Die polizeiliche Ungehorsamsstrafe ist nur noch für einen ganz genau bestimmten
Ausnahmsfall vorbehalten, wenn es sich um die Durchführung solcher Verbindlich-
keiten des öffentlichen Rechtes handelt, für deren zwangsweisen Vollzug ein beson-
deres Verfahren nicht vorgeschrieben und insbesondere keine öffentliche Strafe ange-
droht ist. Hier können die Bürgermeister, in den Landgemeinden mit Geldbußen bis
zu 4 Mark, in den Städten bis zu 10 Mark, die Staatsverwaltungsbehörden bis zur
Höhe von 40 Mark gegen bestimmte Personen strafend einschreiten, vorbehaltlich
der Anwendung der übrigen Zwangsmittel. Da die Ungehorsamsstrafe keine „öffent-
liche“ Strafe ist, so kann sie beliebig oft wiederholt werden, bis der polizeiliche Zweck
erreicht ist 1), dagegen kann sie im Unvermögensfalle nicht in Haft umgewandelt werden.
Die Fälle, die sich zur Anwendung der Ungehorsamsstrafe eignen, sind wenig zahlreich,
sie reichen meist über das Gebiet der polizeilichen Staatstätigkeit hinaus 2). Damit ist,
wie früher bereits erwähnt, in Baden der Polizeibehörde die Rolle einer subsidiär
eintretenden Vollstreckungsbehörde für das ganze Gebiet der Verwaltung zugewiesen
worden.
Ueber die durch die polizeiliche Vollstreckung erwachsenden Kosten erkennen in
allen Fällen die Polizeibehörden. Das Erkenntnis wird nach den Bestimmungen über
die Beitreibung der auf dem öffentlichen Rechte beruhenden Forderungen der Amts-
kassen vollzogen 3). Rechtsschutz gegen die vollziehenden Polizeiverfügungen bietet
außer dem allgemeinen Rekursrecht das im & 4 Ziff. 1 des VR#flGes. in ziemlich
weitgehendem Umfange eingeräumte Klagerecht 1). Ein Anrufen der Strafgerichte
gegen die Verhängung der Ungehorsamsstrafe findet nicht statt. Ist es bereits zur
Einleitung eines Zwangsverfahrens gekommen, so kann die verwaltungsgerichtliche
Klage nur noch darauf gestützt werden, daß der Vollzug mit einem über die Zulässig-
keit der Verfügung ergangenen verwaltungsgerichtlichen Urteil nicht übereinstimme,
oder daß das Zwangsmittel nach Art und Höhe gesetzwidrig sei P).
3. Als ein besonderer Ausfluß der Befehlsgewalt erscheint die in Anlehnung an
die bisher behandelten Bestimmungen im § 32 Abs. 1 und 2 PStrG. den Polizei-
behörden eingeräumte Befugnis der Sitzungspolizei und die damit verbundene Ord-
nungsstrafgewalt 6), gegen deren Handhabung, da es sich hier nicht um die Geltend-
dann stattfinden, wenn dazu eine spezielle gesetzliche Bestimmung die Vollmacht gibt. Vgl. Jolly
a. a. O. S. 79 und Schlusser a. a. O. S. 18, vor allem aber Thoma S. 302 u. .h der die
unrichtige gegenteilige Auffassung eines Minist. Erlasses vom 14. Febr. 1894 Nr. 2457 mit Recht
bekämpft. Gegen Thoma nun wieder Zeitschr. 1907 N. 166 ff. (Dr. Hofacker), jedoch ohne
dessen Ansfuhrungen zu entkräften, siehe ferner Zeitschr. 1908 S. 13 (Th'oma) und S. 45 (Hof—-
acker). «
l)DabeikannderGesamtbetragdervethängtenStrafenweitüberdenin§31füreinccin-
zeerStrafefestgesetztenHöchstbetraghinausgehen.RichtigThomaS.93undZeitschr.1907
(S. 166) gegen Schlu sser S. 22.
2) Z. B. 3 1 Abs. 2 Verf. Ordg.; § 4 Enteign. Ges.: Wass. Ges. & 86; vergl. vor allem die Vor-
schriften über die Leistungspflichten für die bewaffnete Macht und die Vorschriften über die
Gemeindefronden.
3) § 30 Abs. 4 PStrG.
4) Allerdings vorbehaltlich des Rechtes der Polizeibehörden, aus besonderen Gründen, oder
allgemein aus Gründen des öffentlichen Interesses den sofortigen Vollzug der angefochtenen
Verfügung eintreten zu lassen. Verf. Ordg. § 33, VRpfl G. F 41 Ziff. 9.
5) VRpflG. § 4 Abs. 5 Ziff. 5. Nach § 14 Verf. Ordg. ist gegen den Vollzug auch die Rekurs-
beschwerde versagt. Ueber etwaige Einwendungen entscheidet diejenige Behörde, welche die an-
gefochtene Entschlicßung erlassen.
6) Wenn durch rohes Betragen oder Beleidigung gegen die Behörden die Ordnung einer