§ 97 Die Sicherheitspolizei. 307
Staatsanwaltschaft. Letzteres gilt ebenso für die im Polizeidienste tätigen Personen
der Finanz= und Forstbehörden, nicht aber für die von den Gemeinden angestellten
Ortspolizeidiener und Feldhüter.
3. Die bewaffnete Macht darf nicht nur zur Aufrechterhaltung der
öffentlichen Ruhe und Ordnung, sondern auch zur Mithilfe bei öffentlichen Notständen
in Anspruch genommen werden, wenn die Polizeiorgane und die zuständigen tech-
nischen Bediensteten zur Erfüllung ihrer Aufgaben außer Stand sind 1). Das Ein-
greifen der Militärgewalt darf aber immer nur auf Ersuchen der Zivilbehörde, niemals
von Amts wegen, erfolgen und darf im ersteren Falle nicht nur als Unterstützung der
Polizeibehörden dienen, vielmehr geht mit dem Augenblick der erfolgten Requisition
die Anordnung und Leitung der Sache auf den Militärbefehlshaber über, der auch
allein über die Anwendung der Waffen zu entscheiden hat 2). Die Zivilbehörde ist
verpflichtet, nach dessen Anordnungen mitzuwirken, vorbehaltlich der früher erwähnten
besonderen Bestimmungen, die für den Fall Anwendung finden, daß neben dem
Militär auch die Gensdarmerie in Tätigkeit tritt. Eine dauernde Inanspruchnahme
des Militärs für polizeiliche Zwecke hat bis zum 1. Oktober 1908 bei der Bewachung
der Strafanstalten stattgefunden 3).
&97. Die Sicherheitspolizei. Aus dem weiten Umfange der polizeilichen Tätig-
keit, die das ganze Gebiet der inneren Verwaltung durchdringt, heben sich diejenigen.
Handlungen besonders hervor, bei denen das polizeiliche Eingreifen nicht dem Schutze
eines bestimmten Verwaltungszweiges dient, sondern für sich allein den gesamten
Inhalt der Verwaltungstätigkeit ausfüllt. Es sind dies die auch im badischen Rechte
unter dem Namen der Sicherheitspolizei zusammengefaßten Maßregeln,
die zum Gegenstande haben die Bekämpfung von Störungen oder Bedrohungen der
allgemeinen Ordnung und Sicherheit, die ausgehen können von dem rechtswidrigen
Verhalten der Menschen.
Den Schutz des Einzelnen gegen die auf rein zufälligen Einwirkungen beruhenden
Gefährdungen von Leben, Gesundheit oder Eigentum rechnet das badische Recht nicht
zur Aufgabe der Sicherheitspolizei.
Von den in der Theorie üblichen Einteilungen der Sicherheitspolizei kommt in
Baden nur diejenige zur Anwendung, welche zwischen der polizeilichen Tätigkeit
unterscheidet, die sich auf das Verhalten der Einzelnen als solcher bezieht, und der-
jenigen, die das Verhalten einer vereinigten Mehrheit von Personen zum Gegenstand
hat.
a) Zur Einzelsicherheitspolizei rechnen außer einer Reihe von Vor-
schriften des Polizeistrafgesetzbuches, welche sich mit dem Besitz und Tragen von
Waffen, dem Verkehr mit Gefangenen, dem Singen verbotener Lieder, dem öffent-
lichen Tragen verbotener Abzeichen, den Tätlichkeiten an öffentlichen Orten, den
darmerie gelten. Eine gesetzliche Grundlage dafür ist nicht vorhanden, soweit nicht RStrG. ös 53,
54 und BG. §#§ 227 ff. zutreffen.
1) Mil. Konvention v. 25. Nov. 1870 Art. 13. Ldh. VO. v. 31. Jan. 1872 (G. u. VOBl. S. 81)
und VO. v. 8. Juli 1899 (G.u. VOl. S. 379).
2) Besondere Vorschriften gelten über den Waffengebrauch des Militärs bei Volksaufläufen
usw. 8 3 der angef. VO. v. 31. Jan. 1872.
3) Schlußprototoll zur Mil. Konvention Ziff. 7. Vgl. oben 8 36. 20*