Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

308 Die innere Verwaltung. Die Polizei. 8 98 
  
  
Nachtmusiken, der Schließung der Wohnungen, Störungen durch Hunde, der Veran- 
staltung öffentlicher Tanzbelustigungen und unerlaubter Sammlungen oder öffent- 
licher Schau= und Vorstellungen und mit der Gaukelei beschäftigen, die Bestimmun- 
gen über die Feststellung der Persönlichkeit und über die Regelung und Ueberwachung 
ihres Aufenthaltes, sowie die Vorschriften über die Durchführung der Polizeiaufsicht, 
der Ueberweisung an die Landespolizeibehörde und über die Ueberwachung der vor- 
läufig entlassenen Sträflinge 1). Auf dem größeren Teil des hier in Frage stehenden 
Gebietes ist die Landesgesetzgebung an die inzwischen ergangenen Gesetze des Reiches, 
gebunden, zu denen sie in einzelnen Fällen nur die näheren Ausführungsbestimmun- 
gen zu geben vermag. Hinsichtlich der Feststellung der Persönlichkeit kommt als 
landesrechtliche Vorschrift überhaupt nur die eine Vorschrift des P StrGB. in Betracht, 
welche die unbefugte Aenderung des Geschlechtsnamens unter Strafe stellt 7). 
b) Als sicherheitspolizeiliche Maßregeln gegen eine Mehrheit von Personen 
werden zusammengefaßt diejenigen, die gegen die Presse, Vereine und Versamm- 
lungen sowie gegen Volksbewegungen gerichtet sind 3). Auch hier ist die Landes- 
gesetzgebung durch die Reichsgewalt wesentlich eingeschränkt, zum Teil nahezu aus- 
geschaltet. 
98. Das Aufenthaltsrecht 4). Die gesetzliche Grundlage für die polizeilichen 
Maßnahmen auf dem Gebiete des Aufenthaltsrechtes bildet in erster Linie das Reichs- 
gesetz über die Freizügigkeit 5), dessen Prinzipien in Baden bereits seit dem Jahre 
1863 in Geltung standen 5). Landesrechtliche Vorschriften, welche den Polizeibehörden 
die Befugnis gewähren, bestrafte Personen gewissen Aufenthaltsbeschränkungen zu 
unterwerfen, bestehen in Baden nicht. 
Dagegen enthält das unterm 5. Mai 1870 erlassene Landesgesetz über das Aufent- 
haltsrecht.?') eine durch die Reichsgesetzgebung zugelassene Beschränkung der Ab- 
weisungsbefugnis zugunsten derjenigen Personen, die in einer Gemeinde das Orts- 
bürgerrecht angetreten oder durch Aufnahme erworben haben 3). 
Zuständig zur Versagung des Aufenthaltes in den vom Freizügigkeitsgesetze vor- 
gesehenen Fällen sind die staatlichen Polizeibehörden, nicht auch die Gemeinden. Gegen 
die Versagung findet das Rechtsmittel des Rekurses statt; eine Klage an den Ver- 
waltungsgerichtshof ist dann ausgeschlossen, wenn es sich um Bettler, Landstreicher 
oder um Personen handelt, die unter Polizeiaufsicht stehen?). 
1) Lgl. PStre B. T. 11 Titel 1 38 41, 42, 31—58; 60—68. Dabei wird nicht unterschieden, 
ob die Tanzbelustigungen und Schaustellungen usw. von nur einer oder von mehreren Personen 
(Vereinen usw.) ausgehen. Ueber das Waffentragen vgl. VO. v. 6. März 1897 (G.u. VOl. S. 60), 
über das Umherziehen der Zigeuner und der nach Zigeunerart wandernden Personen BO. vom 
25. Jan. 1908 (G.u. WOBl. S. 21), erlassen auf Grund des § 47 PStr GB. 
2) PStre# B. +544, Geldstrafe bis zu 100 Mark. Die Vorschriften über die Namensänderungen 
finden sich in der Ausf. VO. zum BGB. v. 11. Nov. 1899 F 3; vgl. auch § 360 Ziff. 8 RStre#. 
3) Hierher gehört auch das Verbot über das Zusammenreisen der Zigeuner in Horden. B. 
v. 25. Jan. 1908 F 1. 
4) Vgl. Wielandt, Bad. Gemeinderecht Bd. II, 2. Aufl. Heidelberg 1889. 
5) Ges. v. 1. Nov. 1867 BG Bl. S. 55; der im § 7 des Freizgk. Ges. angeführte Gothaer 
Vertrag vom 15. Juli 1851 ist abgedruckt im Reg. Bl. 1854 S. 33 ff. 
6) Bad. Ges. v. 4. Oktober 1862 über die Niederlassung und den Aufenthalt. 
7) G.u. VOl. 396, geändert durch das LEG. zum RStre#B. v. 23. Dezember 1871. 
8) Das Privilegium der Ortsbürger greift aber nicht mehr Platz, wenn der Bürger dauernd 
hilfsbedürftig geworden. § 31 Unt. WGes. 
9) § 2 des Ges. § 4 Abs. 5 Ziff. 1 VRPflG.
	        
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