§ 102 Das geltende Recht. 313
wohnsitzgesetzes in seinen wesentlichen Teilen wieder aufgehoben wurde, so daß es
jetzt neben dem Landes EG. zum Unt. WG. vom 14. März 1872 1) nur noch als Bruch-
stück zur Ergänzung des Reichsrechtes auf denjenigen Gebieten in Betracht kommt,
deren Ordnung sich die Reichsgesetzgebung enthalten, oder die sie der Landesgesetz-
gebung ausdrücklich überwiesen hat. Eine Ergänzung hat die landesrechtliche Rege-
lung des Armenwesens in der Folge, abgesehen von verschiedenen Verordnungen
durch die Gesetze über die Aufbringung des Gemeinde= und des Kreisaufwandes,
durch das Ges. vom 1. März 1884 2) über die Kosten der Landarmenpflege, die Gesetze
über die Ausführung der Unfall= und Krankenversicherung 3) und durch das Gesetz
vom 16. August 1900 über die Zwangserziehung und Bevormundung durch Beamte
der Armenverwaltung") erfahren.
#§ 102. Das geltende Recht 5). Nach § 8 des Unt. WGes. erstreckt sich die Zustän-
digkeit der Landesgesetzgebung auf dem Gebiete des Armenwesens auf die Bestim-
mungen über die Zusammensetzung und Einrichtung der Ortsarmenverbände und
Landarmenverbände, über die Art und das Maß der im Falle der Hilfsbedürftigkeit
zu gewährenden öffentlichen Unterstützung, über die Beschaffung der erforderlichen
Mittel, sowie über die Frage, ob den Ortsarmenverbänden in ihrer Tätigkeit von den
Landarmenverbänden oder von anderen Stellen Beihilfen zu gewähren seien und ob die
ersteren von den Landarmenverbänden als deren Organe benützt werden können. Ferner
ist der landesgesetzlichen Regelung eine von der Norm der §§ 33 und 60 abweichende
Behandlung derjenigen Unterstützungen überlassen, die an Landarme, welche vom Aus-
land zu übernehmen sind, sowie an übernommene Ausländer gewährt werden. End-
lich sind ihr zugewiesen: die Vorschriften über das Streitverfahren, das sich zwischen
den ihrem Gebiete angehörenden Armenverbänden abspielt, § 37 des Ges. Nicht
erschöpfend behandelt wurde durch das Unt.WGes. das Verhältnis zwischen den
Armenverbänden und dritten Personen.
1. Ortsarmenverbände sind in Baden die Gemarkungen, d. h. die politischen
Gemeinden und die sogen. abgesonderten Gemarkungen #).
Landarmenverbände sind die Kreise. Sie haben auch dann einzutreten, wenn
es sich um die Unterstützung eines aus dem Auslande übernommenen Hilfsbedürftigen
handelt. Verpflichtet ist derjenige LA.Verband, in dessen Bezirk der Hilfsbedürftige
seinen letzten Unt. Wohn. besessen, oder subsidiär derjenige, in dem die Hilfsbedürftig-
keit hervorgetreten ist?). Für die Unterstützung hilfsbedürftiger Ausländer tritt der
Staat ein. Eine Ueberwälzung dieser Last hat nicht stattgefunden.
1) G.u. VOl. " 135.
2) G.u. VOl. S. 66 f., abgeändert durch die Ges. v. 27. Dez. 1891 (G. u. VOl. S. 248)
und vom 20. Juni 1900 (G.u. VOBl. S. 823).
3) Ges. v. 24. März 1888 (G. u. Vn. S. 189), v. 7. Juli 1892 (G.u. VOl. S. 393) und
v. 17. Juli 1902 (G. u. VOBl. S. 192); vgl. die Bekanntmachung des Min. d. J. v. 31. Juli 1902
(G.u. VOl. S. 215 3.
4) G.u.V Oil. 938 ff.
5) Das durch die Novelle v. 30. Mai 1908 abgeänderte RGes. ist in der neuen, am 1. April 1909
in Kraft tretenden Fassung neu veröffentlicht durch Bekanntmachung des Reichskanzlers v. 7. Juni
1908 (Reg. Bl. S. 381).
6) Ges. v. 14. März 1872. &51 des Ges. erwähnt neben den politischen Gemeinden nur die abge-
sonderten Hofgüter, meint damit aber alle abgesonderten Gemarkungen.
7) 52 des angef. Ges.