22 Die natürlichen Grundlagen des Staates. Das Staatsvolk. § 11
leihung von Orden und Ehrenzeichen, ebenso die Verleihung eines Titels als
besondere Auszeichnung steht nach der in Baden von jeher geltenden Rechtsauf-
fassung ausschließlich dem Landesherrn zu1). Der Erlaß der Verfassungsurkunde
hat daran nichts geändert.
Eine Ausnahme gilt nur bezüglich der drei Hochschulen des Landes, soweit
es sich um die Verleihung akademischer Grade handelt 2).
Das Auszeichnungsrecht des Landesherrn ist ein Ausfluß seiner Organstel-
lung im Staate. Die Verleihung eines Ordens oder eines Titels erscheint des-
halb als ein staatlicher Akt, der nach richtiger Auffassung der Gegenzeichnung
eines Ministers bedarf. Dem staatlichen Charakter der Ordensverleihungen ins-
besondere entspricht es auch, daß die Satzungen der einzelnen Orden jeweils im
Gesetzes- und VO.-Blatt in der Form von Verordnungen veröffentlicht, und
daß die zur Durchführung der Ordensverleihungen erforderlichen Mittel dem
Landesherrn im Staatsvoranschlag zur Verfügung gestellt werden. Auch liegt
die Führung der Geschäfte der Ordenskanzlei in der Hand einer staatlichen Be-
hörde. (Ministerium des Großherzoglichen Hauses und der auswärtigen Ange-
legenheiten) 3).
Die Verleihung der genannten Auszeichnungen, die taxfrei erfolgt, ist nicht
auf die Staatsangehörigen beschränkt; dies gilt besonders für das Gebiet der
Ordensverleihungen. Aus der Ausschließlichkeit des landesherrlichen Verleihungs-
rechtes folgt aber andererseits, daß fremde Auszeichnungen von einem Inländer
nur angenommen oder behalten werden dürfen, wenn dies der Landesherr aus-
drücklich gestattet.
Die verliehenen Auszeichnungen genießen des öffentlichen Schutzes (RStE.
9l 360, Ziff. 8).
Ihr Inhaber geht derselben kraft Gesetzes verlustig mit der Aberkennung
der bürgerlichen Ehrenrechte (RStG. 5 33). Ehrenzeichen können auch dann
entzogen werden, wenn die Verurteilung wegen eines Verbrechens oder Ver-
gehens erfolgt, das in der öffentlichen Meinung als entehrend gilt.
Orden und Ehrenzeichen bestehen zur Zeit in Baden folgende:
a. Hausorden der Treue: Statuten vom 17. Juni 1840 (Reg.Bl. S. 145).
b. Militär. Karl Friedrichs Verdienstorden u. Medaille. Landesherrl. Kundma-
chung v. 4. April 1807 (Reg. Bl. S. 43); mit demselben sind Pensionen (An-
sprüche auf einen Ehrensold) verbunden.
c. Orden Berthold des Ersten: Statuten vom 9. Sept. 1896 (G.u. VOBl. S. 225).
d. Orden vom Zähringer Löwen. Statuten v. 9. Sept. 1896 (G.u. VOl. S. 255
1) Einen ausdrücklichen Vorbehalt dieses Rechtes euthält die ldh. V O. (Rangordnung) vom
5. Juli 1808 (Reg.Bl. Nr. 20) in ihrem Abschnitt N. u. OC. Das ausschließliche Recht des
Landesherrn zur Verleihung von Titeln ist in letzterer Zeit besond. gegenüber den Städten be-
tont worden. Den Städten wurde nur die Anwendung solcher Titeln gestattet, die sich als Amts-
bezeichnungen darstellen. St M. Entschl vom 14. Nov. 1894 Nr. 875. Die von den Gemeinden
ausgehende Verleihung des Titels eines Ehrenbürgers ist bisher unbeanstandet geblieben.
2) Näheres siehe unten bei § 130. Ueber die Führung von akadem. Würden, die von
außerdeutschen Hochschulen verliehen wurden, vgl. ldh. VO. v. 14. Sept. 1899 (G.u. VOl.
485).
S.
3) Die bisher herrschende Ansicht erklärte das in Frage stehende Verleihungsrecht des
Großherzogs als ein „Ehrenrecht“ desselben, gibt aber dabei zu, daß der Großherzog hier „gleich-
wohl nur als Staatsoberhaupt handelt". Vglgl. Wielandt a. a. O. S. 37. Ueber die Frage
der Gegenzeichnung val. vor allem v. Frisch: Die Verantwortlichkeit der Monarchen u. s. w.
Berlin 1904, S. 351 ff.