§ 109 Die Ordnung der Rechtsverhältnisse des Grundbesitzes.
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V. Kapitel.
Die wirtschaftliche Verwaltung.
I. Im Allgemeinen.
8 109. Die Ordnung der Rechtsverhältnisse des Grundbesitzes. I. Die
Befreiung des Gruendbesitzes (Grundentlastung) 1). Auf dem Wege
fortschreitend, den Karl Friedrich in der alten Markgrafschaft bereits im Jahre
1783 mit der Aufhebung der Leibeigenschaft betreten, hat die badische Gesetz-
gebung von dem Gedanken geleitet, daß „des Staates Schmuck“ sei ein „un-
beschwertes liegenschaftliches Eigentum in Bürgerhand“, vom Erlasse der Verf.=
Urkunde an die zahlreichen aus älterer Zeit vorhandenen Gebundenheiten des
Grundbesitzes bis zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts in immer weiter
gehendem Umfange beseitigt oder doch für ablösbar erklärt. Und die an diese
Gesetzgebung sich anlehnende Verwaltungstätigkeit hat die zugelassene Ablösung
bis auf unbedeutende Reste auch durchgeführt ?).
Für die nachträglich mit Baden verbundenen Territorien, wo (mit Aus-
nahme von Vorderösterreich) die Leibeigenschaft noch bestand, wurde dieses
Verhältnis als sogen. „Erbpflichtigkeit“ zwar zunächst aufrechterhalten und
auch in das neue Landrecht mit übernommen, ein Gesetz vom 5. Oktober 1820
brachte jedoch seine vollständige Aufhebung 3), indem der Staat die Entschädigung
auf sich übernahm.
Ein weiteres Gesetz vom gleichen Tage und demselben sich anschließende
Gesetze vom Jahre 18314) verfügten zunächst die Ablösung der Herren-
fronden, dann deren Aufhebung, ebenso die Ablösung der Gülten= und
Grundzinsen, sowie die Beseitigung der Straßenbau-, Militär= und Ge-
richtsfronden. Erhalten blieben nur noch die Gemeinde-, die bis zum Jahre
1888 bestandenen Kirchenfronden 5) und die im VI. Konst.-Edikt vorgesehenen
sogen. Notfronden, die im Straßengesetz und im Wassergesetz für ein-
zelne Fälle eine besondere Regelung erfahren haben ?).
Die Ablösung der Zehnten wurde durch ein Gesetz vom 15. November
1833 in vollem Umfange angebahnt') und nach Errichtung einer besonderen
Zehntenschuldentilgungskasse unter finanzieller Mithilfe des Staates in ungefähr
vier Jahrzehnten durchge führt.
Einen radikalen Eingriff hinsichtlich aller nicht durch besondere Gesetze be-
handelten sogen. Feudalrechte, wozu insbesondere die Bannrechte, Jagd-
und Fischereirechte gehörten, enthielt das Gesetz vom 10. April 18488), das
1) Vgl. hierzu die ausgezeichnete Darstellung von A. Buchenberger, Das Verwalt. R.
der Landwirtschaft usw. Tauberbischofsheim 1887 S. 17 u. ff.
2) Vgl. das Zitat bei Buchenberger a. a. O. S. 22 und Verf. Urk. & 11.
3) LR. S. 710 a k u. ff. Reg. Bl. 1820 S. 104.
4) Reg. Bl. 1831 S. 69; 1832 S. 9.
5) Gde.(St.) O. 5 89, BRG. § 50, Ges. v. 26. Juli 1888 (G.u. VOl. S. 383).
6) VI. Konst. Ed. Ziff. 16 und § 360 Ziff. 10 RStrGB., §5 26 Straß. Ges., § 89 Wass.Ges.
7) Reg. Bl. S. 265. Die Blutzehnten und die Neubruchzehnten waren bereits vorher durch
zwei Gesetze v. 28. Dez. 1831 aufgehoben worden (Reg.Bl. 1832 S. 14 und 20).
8) Reg. Bl. S. 107. Als Feudalrechte wurden erklärt: alle Berechtigungen, für welche das
Landrecht nach Ausschaltung der Zusätze 577ab—577ar und 710 —710 ka keinen Verpflichtungs-
grund enthält (Art. 1 des Ges.).