356 Die innere Verwaltung. Die wirtschaftliche Verwaltung. 8 111
Fragen erstrecken darf, sind zumeist nur allgemeine Richtpunkte angegeben und ge—
wisse Mindestanforderungen gestellt, welche durch lokale (bezirks- oder ortspolizeiliche)
Vorschriften weiter ausgebaut und verschärft, nicht aber abgeschwächt werden dürfen!).
Oertliche Bauordnungen können überall erlassen werden, wo es die eigenartigen
klimatischen, gesundheitlichen und sozialen Verhältnisse der einzelnen Ortschaften als
wünschenswert erscheinen lassen. In denselben können weitgehende Anforderungen
an die Schönheit der Bauten gestellt, auch sollen, soweit es die örtlichen Verhältnisse
zulassen, die offene Bauweise, die Reihenbauweise unter Festsetzung sogenannter
hinterer Baufluchtlinien vorgeschrieben und Vorschriften erlassen werden, die geeignet
sind, die heimische Bauweise, sowie die Errichtung von Einzelfamilienhäusern zu
fördern oder Verunstaltungen des Ortsbildes oder die Beeinträchtigung wertvoller
Baudenkmale oder Naturdenkmale zu verhindern 2). Für gewisse Fälle ist die Erlas-
sung der als Ergänzung der allgemeinen Landesbauordnung dienenden orts= oder
bezirkspolizeilichen Vorschriften ausdrücklich zur Pflicht gemacht 3).
Daneben ist aber, was auch bisher schon Rechtens war, den staatlichen Baupolizei-
behörden die Befugnis vorbehalten, da wo „infolge der eigentümlichen Beschaffenheit
oder Bestimmung der Bauten oder der Baugrundstücke" die allgemeinen Vorschriften
nicht genügen, „um Leben, Gesundheit oder Eigentum von Menschen") zu schützen“,
durch Verfügung im Einzelfall das Nötige anzuordnen. Ferner ist dem die neuen Vor-
schriften durchziehenden Bestreben, eine möglichst weitgehende Individualisierung der
Bebauungsweise zuzulassen, dadurch Rechnung getragen, daß nicht nur dem Ministerium
sondern auch den beim Erlaß der lokalen Vorschriften mitwirkenden Organen die Be-
fugnis zuerkannt wurde, auch da, wo dies im Einzelfall nicht ausdrücklich vorgesehen
ist, im Wege der Dispenserteilung Ausnahmen von den bestehenden allgemeinen Vor-
schriften zuzulassen 5).
Besonders festgelegt durch das Ortsstraßengesetz sind die Vorschriften über die
Feststellung der Baufluchten an den Ortsstraßen, über die Wirkungen dieser Feststel-
lung, auch soweit das Gebiet der Baupolizei in Frage kommt, über die Beschränkung
des Bauens außerhalb bestehender Ortsstraßen und über die Sicherung der Durch-
führung der im Einzelfalle übernommenen besonderen baupolizeilichen Verpflich-
tungen. Die allgemeine Feststellung der Baufluchten hat in dem später
zu erwähnenden für die Anlage neuer Ortsstraßen vorgesehenen Planfeststellungs-
verfahren oder doch nach dessen Vorschriften zu geschehen 7). Eine Einzelfestsetzung
der Bauflucht darf nur an bereits bestehenden Ortsstraßen und nur dann erfolgen,
1) 3* 2 der LB0.
2) Vgl. §§ 109, 30, 33, 34 LBO. Für höhere und rauhere Gebirgsgegenden oder für Orte
mit zerstreuter Bebauung können von den allgemeinen Vorschriften weitgehende Befreiungen zu-
gelassen, auch z. B. Strohdächer gestattet werden. § 110 LBO.
3) So zur Bestimmung der Baudichtigkeit (Bildung von Bauklassen usw. 5 32 LBO.).
4) # 3 Abs. 1 LBO. Gemeint ist das Eigentum von Personen.
5) § 42 BO. Bei ort = und bezirkspolizeilichen Vorschriften genügt es, wenn das Bezirks-
amt und der Gemeinde= bezw. Bezirkerat zustimmen: einer Mitwirkung des Landeskommissärs
bedarf es nicht. Weitgehende Dispensbefugnisse sind den Bezirksämtern bei Bauten zu vorüber-
gehenden Zwecken eingeräumt. ### 3 Abs. 2 LB0O.
6) ## 2—5 des Ges. Mit der Einleitung des Planfeststellungsverfahrens kann der Ausspruch
einer Bausperre erfolgen, die sich im Zweifel auf die Dauer eines Jahres erstreckt. § 6.