Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

8 11 Rechtsunterschiede der Staatsangehörigen. 25 
  
Nicht als ein Recht anzusehen, ist die im VI. Konst.-Edikte weiter erwähnte 
ausschließliche Befähigung des Adels zu den sogen. Hofvorzügen 1). 
II. Der grundherrliche Adel. Derselbe besteht aus zwei Klassen 
von Personen: 
a) aus den Mitgliedern der Familien, die bis zum Jahre 1806 zu der 
begüterten reichsunmittelbaren Ritterschaft gehörten und sich noch im Eigentum 
oder Miteigentum jener ritterschaftlichen Güter befinden, 
b) aus allen landsässigen badischen Adeligen, die sich im Eigentum oder 
Miteigentum eines im Lande gelegenen Gutes befinden, dem im Jahre 1806 
das Recht der Patrimonialgerichtsbarkeit zustand. Um zur letzteren Klasse zu 
zählen, ist es nicht notwendig, daß der betreffende adelige Grundeigentümer zu einer 
derienigen Familien gehört, die bereits vor der Begründung des Rheinbundes 
zum landsässigen Adel zählten. Nach dem unzweifelhaften Wortlaut der Ver- 
fassungsurkunde (5 29) genügt außer dem Besitz des Adels das Eigentum an 
einem Gut der genannten Art 2). 
Die Rh BA. hatte den im Jahre 1806 der Souveränetät des badischen Kur- 
fürsten unterworfenen Reichsrittern zwar nicht ausdrücklich aber doch still- 
schweigend eine Reihe von staatlichen Befugnissen vorbehalten, so alle, die 
als „nicht wesentlich zur Souveränität gehörig“ geltenden Patrimonialrechte, niedere 
Gerichtsbarkeit und Polizei, Jagd, Patronat u. s. w. Aehnliche Rechte, be- 
sonders eine patrimoniale Gerichtsbarkeit, besaßen auch eine Zahl von land- 
sässigen Adeligen, die unmittelbar der badischen Hoheit oder der Gewalt eines 
dem badischen Staate einverleibten Territorialherren untergeordnet waren. 
Durch das IV. Konst.-Edikt vom 22. Juli 1807, die sogen. Grundherrlich- 
keitsverfassung, wurden diese Sonderrechte alle förmlich anerkannt und gewähr- 
leistet. Unter dem Nachfolger Karl Friedrichs gelangten die gewährten Privi- 
legien durch verschiedene in den Jahren 1812 und 1813 erlassene Anord- 
nungen wieder zur Aufhebung. 
Nachdem sodann die Rechte der ehemaligen Reichsritter durch die Bundes- 
akte (Art. XIV) unter den Schutz des deutschen Bundes gestellt worden 
waren, erging nach langwierigen Verhandlungen zwischen der Regierung und 
den ehemaligen Reichsrittern am 23. April 1818 ein umfassendes Edikt, das 
die Rechtsverhältnisse der früheren, unter die badische Herrschaft gekommenen, 
Reichsstände und sämtlicher Grundherren von neuem regelte, und das darauf 
in der Folge unter den besonderen Schutz der Verfassung gestellt und als ein 
„Bestandteil“ derselben erklärt wurde 3). In demselben waren, was die per- 
1) Ausnahmsweise sind auch Stammgüter nicht adeliger Familien zugelassen, wenn die- 
selben vor dem Erlaß des VI. Konst. Ed. errichtet wurden. Ueber das Stammgutrecht im 
einzelnen s. Dorner, AG. zum BGB. S. 318 ff., sowie Dorner und Seng, Bad. 
Landesprivatr. I# 76 u. ff. 
2) Wie sich aus der Darstellung bei Wielandt a. a. O. S. 17 f. ergibt, scheint der 
Begriff der landsässigen Grundherren früher in dem angedeuteten engeren Sinne aufgefaßt 
worden zu sein, obwohl bereits das IV. Const. Ed. neben den grundherrlichen Familien auch 
die „Besitzer von Grundherrschaften“ erwähnt, und obwohl die Verf. Urk. in ihrem früheren #29 
bei der Wahl der grundherrlichen Abgeordneten „sämtliche Adeliche Besitzer von Grundherr- 
schaften“ für wahlberechtigt erklärte. Die neue Fassung des § 29 von 1904 läßt an der im Texte 
vertretenen Ansicht keinen Zweifel mehr. Vgl. dazu Glockner, Bad. Verf.R. S. 74 Anm. 1. 
3) Reg. Bl. S. 45 und Verf. Urk. 3 23.
	        
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