Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

360 Die innere Verwaltung. Die wirtschaftliche Verwaltung. 8 111 
  
betreiben. Dabei genießen die Gemeinden das Recht, die Pläne für die künftige Aus- 
gestaltung dieser Straßen schon im voraus in bindender Weise zur Feststellung bringen 
zu können, während sie zur Straßenherstellung selber erst im Bedürfnisfalle verpflichtet 
sind 1). Weiter ist ihnen die Befugnis eingeräumt, unter Umständen die Kosten der 
gesamten Straßenanlage nebst der ersten (fünfjährigen) Unterhaltung auf diejenigen 
zu überwälzen, die als Angrenzer von der Straße in erster Linie Vorteil ziehen 2). 
Den hieraus sich ergebenden Beschränkungen und Verbindlichkeiten der Anlieger 
entsprechen dann aber auch wieder gewisse Berechtigungen, welche insbesondere für 
den Fall einer nachträglichen Aenderung der Straße oder des Planes die Eigentümer 
der etwa erstellten Anbauten vor Verlusten schützen sollen 3). Auf eine nähere Be- 
handlung der verschiedenen hier einschlagenden Fragen wird bei der Darlegung des 
Wegerechtes (§ 113) zurückzukommen sein. 
2. Die Bauplatzumlegung oder die Neueinteilung von Bau- 
grundstücken) ist dann zulässig, wenn „die Lage, die Form oder der Flächen- 
gehalt der Grundstücke im Bereiche eines Ortsstraßenplanes oder einer bestehenden 
Ortsstraße eine angemessene Bebauung hindern“. Erfordert wird weiter, daß die Um- 
legung vom Gemeinderat beantragt wird, daß ihre Vornahme im öffentlichen 
Interesse liegt, und daß ihr mehr als die Hälfte der beteiligten Grundeigentümer, 
die zugleich mehr als die Hälfte der in das Unternehmen fallenden Grundstücke be- 
sitzen, zustimmen. 
Die Durchführung der Neueinteilung geschieht in folgender Weise: die 
Gesamtheit der in Betracht kommenden Grundstücke wird mit Einschluß der et- 
waigen überflüssig werdenden öffentlichen Wege zu einer Masse (Bruttomasse) ver- 
einigt, aus welcher zunächst unter prozentualer Belastung der beteiligten Grundstücke *) 
das für künftige Straßen und Plätze erforderliche Gelände ausgeschieden wird. Die 
dann verbleibende Nettomasse wird derart verteilt, daß jeder Eigentümer an dem Ge- 
samtwert dieser Masse den gleichen prozentualen Anteil erhält, den er am Gesamt- 
wert der Bruttomasse besessen. Bei der Zuweisung der neuen Besitzstücke soll tun- 
lichst auf die bisherigen individuellen Verhältnisse der einzelnen Grundstücke Rücksicht 
genommen werden, und nur ausnahmsweise soll zum Ausgleich nicht zu vermei- 
dender Wertunterschiede eine Geldentschädigung eintreten, die dem einzelnen Be- 
sitzer von der Gemeinde oder von dem bevorzugten Eigentümer an die Gemeinde zu 
entrichten ist. Ein direkter Ausgleich zwischen den Beteiligten findet nicht statt. Grund- 
stücke, die für sich allein zur Bebauung nicht ausreichen und auch mit anderen Stücken 
desselben Eigentümers nicht zusammengelegt werden können (sogen. Kleinstücke), 
1) J§ 1—10 Ortsstr. Ges. 
2) 9§ 22—26 Ortsstr. Ges. 
3) § 30 des Ges. 
4) 5#§ 13—21 Ortsstr. Ges. Diese Einrichtung gelangte erstmals durch die Novelle zum Ortsstr.= 
Ges. vom 6. Juli 1896 zur Einführung. Das Ges. v. 15. Okt. 1908 hat dieselbe in manchen Be- 
ziehungen einer Aenderung unterworfen, so vor allem in der Hinsicht, daß es nach dem Vorbilde 
der lex Adickes (Preuß. Ges. v. 28. Juli 1902) das Straßengelände in der Regel unentgeltlich 
auf die Gemeinden übergehen läßt; es hat dafür aber die Durchführung des Vechahrens von der 
Zustimmung der Mehrheit der Beteiligten abhängig gemacht. Sind nur zwei Eigentümer be- 
teiligt, so kann das Verfahren künftighin keine Anwendung mehr finden. Eine (übrigens nicht not- 
wendige) reichsrechtliche Deckung des Verfahrens enthält Art. 113 EG. zum BGB. 
5) D. h. nach Verhältnis des Flächenmaßes der eingebrachten Grundstücke.
	        
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