8 118 Die Landwirtschaft. 395
wirtschaftlichen Körperschaften und den Kreisverbänden zu wählen, teils vom Mini-
sterium zu berufen 2).
An seine Stelle trat auf Grund des Gesetzes vom 28. September 190é6 die Land-
wirtschaftskammer betreffend 2) als Vertreterin der Interessen der Land= und Forst-
wirtschaft eine Landwirtschaftskammer die nicht mehr ausschließlich ein
die Staatsbehörden beratendes Kollegium darstellt, sondern eine selbständige Körper-
schaft des öffentlichen Rechtes 3) bildet.
Die Aufgabe der Landwirtschaftskammer, deren Bezirk das ganze Land um-
faßt, und deren Sitz sich in Karlsruhe befindet, ist die Förderung der Land= und Forst-
wirtschaft in wirtschaftlicher und technischer Beziehung, sowie die Unterstützung der
Behörden und landwirtschaftlichen Vereinigungen durch Mitteilungen, Anregungen,
Erstattung von Gutachten und durch statistische Arbeiten. Vor der gesetzlichen oder
behördlichen Regelung der wichtigeren, die Interessen der Land= und Forstwirtschaft
unmittelbar berührenden, Angelegenheiten ist der Regierung die Anhörung der Kam-
mer zur Pflicht gemacht. Die letztere besitzt aber unabhängig hiervon auf dem gesamten
Gebiete ihrer Zuständigkeit ein selbständiges Antragsrecht. #
Als besondere Befugnisse der Kammer sind im Gesetze hervorgehoben: Die Mit-
wirkung bei der Verwaltung bestimmter mit den Interessen der Landwirtschaft im
Zusammenhang stehender Einrichtungen, wie Produktenbörsen, Märkten, Ausstellun-
gen; die Bezeichnung von Vertretern zum Eisenbahnrat, zum deutschen Landwirt-
schaftsrat usw.; die Einrichtung und Verwaltung von Veranstaltungen zur Förderung
von technischen Fortschritten des land= und forstwirtschaftlichen Betriebes 4).
Die Berufung der Mitglieder der Landwirtschaftskammer erfolgt:
a) durch Wahl seitens der Land= oder Forstwirtschaft treibenden Bevölkerung
und ihrer Vereinigungen und zwar zu einem Teile (28 Mitglieder) unmittelbar in
(28) Wahlbezirken, zum andern Teil (höchstens 10 Mitglieder) durch die mit der land-
und forstwirtschaftlichen Interessenförderung sich befassenden Vereinigungen und
Verbände, deren Tätigkeit sich auf das ganze Land oder größere Abschnitte desselben er-
streckt 5);
b) durch Ernennung seitens derjenigen Zentralbehörde, der die Verwaltung
der staatlichen Domänen und Forste untersteht, aus dem Kreise der in der Land= oder
Forstwirtschaft sachverständigen Personen (im ganzen höchstens vier Mitglieder) ).
J) Ferner ist es der Landwirtschaftskammer selber gestattet, durch Statut noch die
Kooptation von höchstens drei Mitgliedern vorzusehen, die aus dem oben bezeichneten
Kreise von Personen, die sich um die Land= oder Forstwirtschaft verdient gemacht haben,
zu entnehmen sind 7).
1) Ueber die Entwickelung der Interessenvertretung der Landwirtschaft in Baden vgl. Bu-
chenberger S. 818 ff., sowie die Begründung der Reg. Vorlage zum Ges. v. 28. Sept. 1906.
2) G.u. VOl. S. 445 ff.
3) § 1 des Ges.
4) 5 2 des Ges.
5) 6, §# 9 des Ges. Das bei den Wahlen einzuhaltende Verfahren ist durch eine unterm 8. Jan.
1907 (G.u. VOBl. S. 93) im Verordnungswege erlassene Wahlordnung näher geregelt. In dieser
BO. sind insbesondere auch die wahlberechtigten Vereinigungen und Verbände bezeichnet. Für
die Zukunft erfolgt deren Bestimmung durch das Statut der Kammer.
6) 5& 6 Ziff. 2 des Ges.
7) & 6 Ziff. 3 des Ges.