Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

8 118 Die Viehzucht. 397 
  
Die Anrufung des Verw. Ger. Hofes ist ferner zulässig bei Streitigkeiten über das 
Wahlrecht und über die Wählbarkeit zur Kammer, nicht aber auch bei Streitigkeiten 
über die Gültigkeit angefochtener Wahlen 1). 
5 119. Die Biehzucht. Auch hier lassen sich die einschlagenden Rechtsvorschriften 
in solche unterscheiden, die den Schutz des vorhandenen Viehbestandes bezwecken und 
in solche, die auf eine Förderung der Viehzucht abheben. Die ersteren enthalten nicht 
nur vorbeugende Maßregeln zur Bekämpfung von Tierkrankheiten, sondern vor allem 
auch Anordnungen, die entstandene Tierverluste durch Ersatz des Schadens besonders 
unter Ausbildung gewisser Versicherungseinrichtungen wieder auszugleichen suchen. 
I. Der unmittelbaren Förderung der Viehzucht und der Viehbenützung 
dienen die Körordnungen und die Vorschriften über den Hufbeschlag, ferner die früher 
bereits erwähnte Einrichtung der gemeinen Schafweiden. 
1. Die Verwendung von Zuchthengsten zur Bedeckung von Stuten, die 
nicht dem Eigentümer des Hengstes gehören, ist nur dann gestattet, wenn die Zucht- 
tauglichkeit des Hengstes durch eine Kommission von Sachverständigen (Körkommission) 
festgestellt und wenn die Verwendung durch die Erteilung eines Körscheines, der 
immer nur für eine bestimmte Zeit ausgestellt wird, ausdrücklich genehmigt ist (Ge- 
setz vom 9. April 1880) 2). Ein Verstoß gegen diese Vorschrift sowie gegen die erlassenen 
Vollzugsanordnungen unterliegt polizeilicher Bestrafung. 
2. Analoge Bestimmungen gelten für die Verwendung von Farren und Z# #ucht- 
ebern (Gesetz vom 12. Mai 1896) 3); jedoch dürfen für diese beiden Tierarten Kör- 
scheine nur erteilt werden, wenn die betreffenden Tiere der in der Gemeinde maß- 
gebenden Zuchtrichtung, über deren Aenderung der Gemeinderat mit Zustimmung 
der Mehrheit der Viehbesitzer zu entscheiden hat, entsprechen #). 
Das angeführte Gesetz unterwirft zugleich die bisher schon den Gemeinden oblie- 
gende Last zur Haltung von Zuchttieren einer Neuregelung. 
Darnach sind die Gemeinden, in denen Rindviehzucht getrieben wird, verpflichtet, 
die vom Gesetze als erforderlich bezeichnete Zahl von Zuchtfarren anzuschaffen und zu 
unterhalten 5). Die Unterhaltung der Farren kann von der Gemeinde selbst übernom- 
men oder gegen Vergütung an einen bestimmten Landwirt übertragen werden. Der 
Verstellungsvertrag, der nur mit zuverlässigen bewährten Viehzüchtern und nur in 
schriftlicher Form abgeschlossen werden darf, ist auf mindestens sechs Jahre einzugehen, 
mit dem Vorbehalt des Rücktritts, wenn der Einsteller seinen im Gesetze und im Ver- 
trage näher bezeichneten Verpflichtungen nicht nachkommt. Die Versteigerung der 
Unterhaltung der Farren an den Wenigstnehmenden ist untersagt ). 
Eine gleiche gesetzliche Verpflichtung besteht für die Gemeinden, in denen regel- 
mäßig mehr als 15 Mutterschweine zur Zucht verwendet werden, hinsichtlich der Unter- 
1) 514 des Ges. 3 Ziff. 22 und 24 VRRPfl Ges. Das Gesetz (5 14) ändert nur die Ziff. 22 
des angef. 3 3 VRfl G.; in die Ziff. 24 ist ein die Landwirtschaftskammer erwähnender Zusatz 
nicht ausgenommen worden. Einsprachen gegen die Wahl selbst sind deshalb im Verwaltungs- 
wege zu erledigen. Vgl. Wahlordnung v. 7. Januar 1907 N.25, 37. 
2) „Die Verwendung von Zuchthengsten betr.“ (G.u. VO#l. S. 103). 
3) „Die Haltung der Zuchtfarren, Zuchteber und Zuchtböcke betr.“ (G. u. VOl. S. 129). 
1) §§ 1—4 des Ges. 
5) § 5 u. ff. des Ges. Die Zahl der Farren ist in den 38 6 und 7 des Ges. näher vorgeschrieben. 
6) §§ 8 u. ff. des Ges.
	        
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