8 11 Rechtsunterschiede der Staatsangehörigen. 31
ienige der Standesherren weiter der Grundsatz, daß die hausgesetzlichen Rege-
lungen nur da Platz greifen können, wo nicht eine bestimmte landesgesetzliche
Vorschrift vorliegt. Die durch § 3 des Ediktes vom 23. April 1818 und § 23
Verf.-Urk. gezogene Schranke gilt auch für den standesherrlichen Adel 1).
Eine diese Regel bestätigende ausdrückliche Ausnahme ist nur hinsichtlich der-
jenigen hausgesetzlichen Normen gemacht, welche sich auf die Bevormundung
minderjähriger Familienglieder beziehen, insbesondere bezüglich der
Bestimmung, die das Haupt der Familie zum tutor legitimus erklärt ?.
2. Wie den ehemals reichsunmittelbaren Grundherren, so stehen bei Ver-
lassenschaftssachen der Mitglieder einer standesherrlichen Familie dem
Familienhaupte gewisse Erledigungsbefugnisse zu 3).
3. Die Häupter der standesherrlichen Familien und die Häupter selbstän-
diger Familienzweige, die im Besitze einer Standesherrschaft sich befinden, haben
das erbliche Recht der Mitgliedschaft in der ersten Kammer (erbliche Land-
standschaft) Verf.-Urk. §& 27 Ziff. 2, 5+ 28. (Näheres siehe unten bei 5 20).
4. Die Mitglieder der standesherrlichen Familien bedürfen keiner be-
sonderen Erlaubnis der badischen Regierung, um in den Dienst eines anderen
deutschen oder mit Deutschland im Frieden lebenden Staates zu treten. Sie sind
nur verpflichtet, von solchem Diensteintritt Anzeige zu erstatten ). Für die im
badischen Staatsdienst stehenden oder vom badischen Staat eine Pension empfangen-
den Mitglieder gelten die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen.
5. Wie den Grundherren, so stebt auch den Standesherren das Recht zur
Ausübung der Ortspolizei im Bereich ihrer Schlösser, Wohnungen
und Zubehörden zu. Ebenso sind sie von der Polizeigewalt der Bürgermeister
in gleicher Weise ausgenommen wie jene. (GEde.O. & 6 Abs. 3).
6. Gleiches wie für die Grundherren gilt ferner bezüglich der Mitwirkung
bei der Aufstellung des Gemeindevoranschlages (Gde. Ordg.
§5 100) und bezüglich der Ortsbereisungen.
7. Dem standesherrlichen Adel kommen gewisse Befreiungen von Ver-
pflichtungen zu, die durch das Gesetz allen Staatsangehörigen auferlegt sind:
a) Die Mitglieder der standesherrlichen Familien sind frei von der Wehr-
pflicht. (Verf.Urk. 8 10 und RG. vom 9. November 1867, 1) 5).
b) Die Residenzschlösser der Standesherren und die dazu gehörigen Gärten
sind befreit vom Beizug zur Gemeindebesteuerung. (GdStO. 86 Ziff. 4).
1) Anderer Ansicht Wielandt a. a. O. S. 22. Für die hier vertretene Ansicht Dor-
ner AG. z. BGB. S. 328 ff. vgal. auch die in allen Deklarationen wiederkehrende Bestimmung
des & 3 des Ed. v. 23. April 1818 (Ausübung der Rechte nur nach Maßgabe der Landesgesetze).
Eine hiernach ungültige Vorschrift kann auch nicht durch Berufung auf die landesherrliche Be-
stätigung gestützt werden, die zudem in der Regel nur: „.unter Vorbehalt der landesherrlichen
Rechte und der Rechte Dritter“ erfolgt. Vgl. auch E. d. RG. 26 S. 142 und VH. v. 31. Jan.
1898. (Zeitschr. f. VR. S. 35 und 47.)
2) Diese Sonderbestimmung ist auch in den mit landständ. Zustimmung erlassenen Dekla-
rationen enthalten, vgl. Dekl. Löwenstein § 18, Fürstenberg, Leiningen (Fürsten und Grafen)
und von der Leyen F 22.
3) Dekl. Fürstbg., F. Leiningen, Graf L., v. d. Leyen § 18, Löwenstein §s 17.
4) Dies Recht steht jedoch dem Verluste der Staatsangehörigkeit durch Zeitablauf (nach §+ 21
des R. Ges. vom 1. Juni 1870) nicht im Wege.
5) BGBl. S. 131.