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Vermögen noch mit einem 500 Mark erreichenden Einkommen aus Gewerbebetrieb
oder Dienstverhältnis zur Einkommensteuer veranlagt sind. Auf das Wahlrecht ver-
zichten können diejenigen, deren Einkommen aus Gewerbebetrieb oder Dienstverhält-
nis im doppelten Betrag (ohne Schuldenabzug) unter Zuschlag des Steuerwertes
ihres gewerblichen Vermögens die Summe von 10 000 Mark nicht erreicht, sowie
Genossenschaften, deren jährlicher Umschlag den Betrag von 100 000 Mark nicht
überschreitet 1).
Wählbar sind die oben genannten Personen, auch wenn sie zur Zeit nicht mehr
in das Firmenregister eingetragen sind, nach zurückgelegtem 25. Lebensjahre, sofern
sie im Bezirke wohnen, und ihnen die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter
nicht entzogen ist. Das Wahlrecht und die Wahlfähigkeit ruht während des Schwebens
eines Konkursverfahrens?). Die Wahl erfolgt auf sechs Jahre, bei hälftiger Erneue-
rung der Kammer. Mitglieder, denen die bürgerlichen Ehrenrechte abgesprochen
werden, scheiden aus. Die Kammer kann aber auch solche Mitglieder ausschließen,
die durch ihre Handlungsweise die öffentliche Achtung verloren haben, oder ihre Mit-
gliederpflichten auffallend vernachlässigen. Gegen diesen mit Zweidrittelsmehrheit
zu fassenden Beschluß ist der Rekurs an das Ministerium des Innern eröffnet 3).
Die Aufgabe der Handelskammern geht vor allem dahin, die Behörden in
der Förderung des Handels und der Industrie durch tatsächliche Mitteilungen und Er-
stattung von Gutachten zu unterstützen und jährliche Berichte über den Gang des
Handels und der Industrie ihres Bezirkes zu erstatten. Die Kammern haben das
Recht, Anträge und Wünsche an die zuständigen Behörden zu richten, und sie sollen
bei wichtigeren Angelegenheiten gutachtlich gehört werden. Sie haben weiter die
Ausstellung von Ursprungszeugnissen und anderen dem Handelsverkehr dienenden
Bescheinigungen zu besorgen und können mit Genehmigung des Ministeriums dafür
Gebühren erheben. Sie sind endlich unter der Voraussetzung dieser Genehmigung
befugt, Anstalten, Anlagen und Einrichtungen, welche die Förderung von Handel
und Gewerbe, sowie die technische und geschäftliche Ausbildung, die Erziehung und
den sittlichen Schutz der darin beschäftigten Gehilfen und Lehrlinge bezwecken, zu
begründen, zu unterhalten und zu unterstütze n ).
Die Geschäftsführung der Handelskammern richtet sich nach einer
durch das Gesetz in ihren Grundzügen bestimmten und durch die Kammer selbst mit
Genehmigung des Ministeriums näher auszubildenden Geschäftsordnung. Die Kassen-
verwaltung wird von der Kammer selbständig besorgt; jedoch müssen der Voranschlag
sowohl wie die gestellte Jahresrechnung der Genehmigung durch eine alljährlich zu
berufende Versammlung der Wahlberechtigten unterstellt werden.
Auch sind beide Arten von Materialien dem Ministerium des Innern zur Geltend-
machung des staatlichen Aufsichtsrechtes mitzuteilen 5).
1) Art. 4 u. ff. Die Kammern können mit Zustimmung der Wahlberechtigten und des Mini-
steriums beschließen, daß das Wahlrecht diesen Personen ganz allgemein nur auf deren Antrag zu-
gestanden werden soll. Art. 5 a. E.
2) Art. 7 u. f.
3) Art. 13 u. f.
4) Art. 15 und 15 a. Ueber die den Handelskammern kraft reichsrechtlicher Bestimmungen
zustehenden Befugnisse vgl. GV G. k+112, (Vorschlag zum Handelsrichteramt), HGB. 5 192 (Revi-
soren), u- vom 14. Juni 1900 951 Abs. 2, und Gew. Ordg. § 36 (§860 Vollz. VO. dazu).
5) Art. 16 ff.