§ 12 Die rechtliche Stellung des Großherzogs. 33
in authentischer Weise einen prägnanten Ausdruck verliehen. Sie hat insbesondere
den neu begründeten Staat in scharfen Gegensatz zu den durch die Rheinbunds-
akte beseitigten Patrimonialherrschaften gestellt und hat damit für Baden bestätigt,
daß dem Staate kein Stück der alten Partrimonialgewalten eigne, daß insbeson-
dere auch die Stellung des Landesherrn „völlig und restlos“ in ihm aufgegangen.
Der Erlaß der auf jene Proklamation folgenden Konstitutionsedikte ebenso die
Verkündigung der Verf.-Urk. vom 22. August 1818 haben diese Tatsache nur noch
bekräftigt. Wenn die Verfassung auch aus einer rechtlich freien Entschließung des
Monarchen erging, so war es doch immer nur der bis dahin unbeschränkte Träger
der Staats gewalt, der diese Verkündigung vornahm und nicht etwa ein über
dem Staate stehender Herr, der durch den Erlaß der Verfassung die ihm gegen-
über dem Staate zustehenden Patrimonialrechte beschränkte.
Deshalb ergibt sich, was die rechtliche Stellung des Staatsoberhauptes an-
geht, auch für das badische Recht unzweifelhaft, daß der Großherzog, wenn er
auch schon vor dem Erlaß der Verfassung als solcher vorhanden war und durch
die letztere lediglich eine erneute Anerkennung seiner Stellung erfahren hat, nur die
rechtliche Eigenschaft eines im Staate stehenden Organes besitzt, und daß demge-
mäß seine Regierungshandlungen nicht als der Ausfluß eines subjektiven Rechtes
erscheinen, sondern allein als die Betätigung einer staatlichen Funktion.
Allerdings ist diese Organstellung eine eigenartige von der anderer Organe
wesentlich verschiedene.
Wenn der Großherzog seit dem Erlaß der Verfassung auch nicht mehr das
einzige unmittelbar mit dem Dasein des Staates gegebene Organ geblieben ist,
sondern diese Qualifikation mit den Landständen teilt, so ist er doch nach wie vor
das höchste Organ im Staate, in welchem der staatliche Willen seinen Ausgangs-
punkt findet, durch dessen Handeln die Tätigkeit der andern Organe bedingt ist,
und seine Zuständigkeit erstreckt sich grundsätzlich auf alle Gebiete des staatlichen
Lebens. „Er vereinigt in sich“, wie die Verf.-Urk. in ihrem # 5 besagt, „alle
Rechte der Staatsgewalt“. Wollen Ausnahmen von dieser plenitudo potestatis
behauptet werden, so bedarf dies des Nachweises einer durch ausdrückliche Be-
stimmungen verfügten Einschränkung.
Solche Ausnahmen bestehen nun, was die Ausübung der Staatsgewalt
angeht, in weitem Umfange.
So galt schon vor der Aufnahme des § 67g in die Verf.-Urk. allgemein der
dem Wesen des konstitutionellen Staates entsprechende Grundsatz, daß jede staat-
liche Handlung des Monarchen, um rechtliche Gültigkeit zu erlangen, der Mit-
wirkung und eventuell der Gegenzeichnung eines Beamten bedarf, der damit die
Verantwortung für diese Handlung übernimmt.
Auf dem größten Teile des Gebietes der Gesetzgebung und bei einzelnen
wichtigen Verwaltungshandlungen vermag der Großherzog den Staatswillen nur
zu erklären, wenn dazu vorher eine Zustimmung der Stände erfolgt ist (Verf.=
Urkunde 3 53 ff.).
Andere Seiten staatlicher Tätigkeit sind ihm endlich der Sache nach vollstän-
dig entzogen, so vor allem die Rechtssprechung, wo an seiner Stelle von ihm
Walz, Baden. 3