Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

8 129 Die Mittelschulen. 43 
  
Realmittelschulen sind einige speziell dazu bestimmt, der weiblichen Jugend 
„die Grundlagen höherer Bildung"“ zu gewähren. Es wird den Mädchen aber auch 
der Besuch der übrigen Mittelschulen gestattet. 
Ein gesetzlicher Zwang zur Errichtung und zum Betrieb von Mittelschulen besteht 
nicht. Ebensowenig greift bezüglich der zu den Lehraufgaben dieser Schulen gehörenden 
Gegenstände irgendwelcher Unterrichtszwang Platz. Bei den Gelehrtenschulen erscheint 
der Staat als der Unternehmer. Er führt auch die ganze Schulverwaltung unter 
Zuzug gewisser ehrenamtlich tätiger Personen, und er bestreitet grundsätzlich allein 
die Kosten der Anstalt, soweit solche nicht durch eigene Einnahmen der letzteren oder 
durch die Beiträge der Schüler (Schulgeld) gedeckt werden 1). Realmittelschulen 
können nur da errichtet oder forterhalten werden, wo die Gemeinde sich verpflichtet, 
den durch eigene Einnahmen oder Schulgelder nicht gedeckten Aufwand aus ihren 
Mitteln zu bestreiten. Jedoch leistet der Staat zu dem Betriebe gewisse Zuschüsse. 
Die nähere Feststellung der hiernach zu ordnenden Verhältnisse zwischen Staat und 
Gemeinde erfolgt durch ein zwischen der staatlichen Schulverwaltung und der Ge- 
meinde zu vereinbarendes „Statut“. Hinsichtlich der Realmittelschulen für die 
weibliche Jugend wird als Begründerin auch eine Stiftung zugelassen. 
In dem „Statut“ wird dem für die ungedeckten Kosten aufkommenden Verband 
ein gewisses Maß von Verwaltungsbefugnissen, vor allem auch eine Mitwirkung bei 
Besetzung der Lehrerstellen eingeräumt. Soweit solche Zugeständnisse aber nicht aus- 
drücklich gemacht sind, liegt die Verwaltung, Leitung und Beaufsichtigung der Anstalt 
insbesondere auch die Dienstpolizei über die Lehrkräfte in der Hand der staatlichen 
Schulverwaltung. Nur die Verwaltung des Anstaltsvermögens einschließlich der 
etwaigen der Anstalt gewidmeten Stiftungen ist Sache der Selbstverwaltungskörper. 
Ihrem Charakter nach sind alle Mittelschulen, für die seit dem Jahre 1904 eine 
gemeinsame Schulordnung besteht 2), wie die Volksschulen paritätisch ?). 
Für die Erteilung des Unterrichtes in der Religion, die in allen Mittelschulen einen 
obligatorischen Lehrgegenstand bildet, kommen die Grundsätze des Elem. Unt. Ges. 
in analoger Weise zur Anwendung. Die Bezahlung des Religionsunterrichtes für 
eine konfessionelle Minderheit wird jedoch nur dann auf die Anstaltskasse übernommen, 
wenn die Zahl der betreffenden Schüler wenigstens 25 beträgt. 
Die an den Mittelschulen tätigen Lehrkräfte werden aus der Klasse der 
geprüften Lehramtspraktikanten, aus der Reihe der (nicht akademisch gebildeten) 
Lehrer, die ihre Befähigung zur Erteilung höheren Unterrichts durch eine besondere 
Prüfung (Reallehrerprüfung) nachgewiesen haben, sowie aus der Zahl der Volks- 
schullehrer entnommen. Außerdem werden Fach= oder Nebenlehrer verwendet 7?). 
1) Bei gewissen Gelehrtenschulen, deren Einrichtung oder Erweiterung nach der Reform des 
Jahres 1836 erfolgte, haben sich die Gemeinden des Anstaltssitzes, in deren Interesse die Einrichtung 
oder Ausgestaltung mit geschah, zu besonderen Beiträgen verpflichtet. Vgl. Joos a. a. O. S. 146 
und 147. 
2) VO. v. 8. März 1904 (G. u. VOl. S. 45); abgeändert durch V O. vom 12. Mai 1905 (S. 307). 
3) Vgl. hierzu und zum folgenden Jvosa. a. O. S. 485 ff. Nach dem Ges. v. 11. Febr. 1870 
(G.u. VOl. S. 167) dürfen aus den Mitteln der mit einer Anstalt etwa verbundenen konfessio- 
nellen Fonds nur Lehrer dieser Konfession besoldet werden. 
4) Die Vorschriften für die Prüfung zum höheren Lehramt an Mittelschulen sind geregelt in 
der Ldh. VO. vom 20. Mai 1889 (G.u. VOl. S. 71), abgeändert 11. Juli 1894 (G.u. VOl. S. 391).
	        
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