460 Die innere Verwaltung. Die geistige Verwaltung. 8 136
Die erstere vom 16. August 1821, welche das Ergebnis langwieriger Verhandlungen
zwischen Baden, Württemberg, dem Großherzogtum Hessen, Kurhessen und Nassau
mit der römischen Kurie enthielt, befaßte sich mit der Bildung der oberrheinischen
Kirchenprovinz, die aus der Erzdiözese Freiburg und den vier Suffraganbistümern
Rottenburg, Mainz, Fulda und Limburg bestehen sollte, und mit der Ausstattung
dieser Bistümer nebst den dazu gehörenden Domkapiteln; die zweite, welche erst
nach weiteren, nicht minder schwierigen Verhandlungen unterm 11. April 1827 erging,
mit der Besetzung des erzbischöflichen und der bischöflichen Stühle sowie der domstif-
tischen Präbenden. Als Ergänzung der letzteren wurde unterm 28. Mai 1827 ein an
den Dekan und die Canonici gerichtetes Breve des Papstes Leo XII. erlassen mit
den Anfangsworten: Re sacra 1).
Da die beiden Bullen noch eine Reihe von anderen Anordnungen enthielten,
besonders solche, die sich auf die vom Tridentinum geforderten Seminaria puerorunn
bezogen, so wurde in der landesherrlichen Publikation in Uebereinstimmung mit den
Erklärungen der übrigen beteiligten Staaten ausdrücklich bemerkt, daß diese beiden
Bullen nur insoweit angenommen und zur Nachachtung veröffentlicht worden seien,
als sie sich auf die oben angeführten Punkte bezogen.
Die Regelung derjenigen Fragen, über die eine Verständigung nicht erzielt wor-
den, oder die bisher nicht zum Gegenstand von Verhandlungen gemacht worden
waren, erfolgte sodann durch eine, ebenfalls auf einer Vereinbarung mit den betei-
ligten Regierungen beruhende landesherrliche VO. vom 30. Januar 18302) betreffend
die Ausübung des Hoheitsrechtes über die katholische Kirche, welche bezüglich aller
vom Erzbischof und den übrigen kirchlichen Behörden ausgehenden allgemeinen An-
ordnungen, Kreisschreiben an die Geistlichkeit und die Diözesanen, durch welche die-
selben zu etwas verpflichtet werden sollten, sowie zu allen römischen Bullen, Breven
und sonstigen Erlassen und zur Einberufung von Diözesansynoden die staatliche Geneh-
migung, das Plazet, verlangte.
Der freie Verkehr mit dem Oberhaupt der Kirche war in allen die kirchliche Ver-
waltung betreffenden Gegenständen nur dem Erzbischof und dem Bistumsverweser
gestattet; alle übrigen Diözesangeistlichen hatten sich an den Erzbischof zu wenden.
Der Staat gewährte den Geistlichen, die vor dem Empfang der kirchlichen Institution
dem Landesherrn den Treueid zu leisten hatten, allen Schutz und Förderung und
eröffnete ihnen, ebenso allen Laien, „wo immer ein Mißbrauch der geistlichen Gewalt
gegen sie stattfindet", den Rekurs an die Landesbehörden. Ueber die Verwaltung
der Kirchenpfründen sowie der allgemeinen und besonderen kirchlichen Fonds wurde
dem Bischof nur eine „Mitaufsicht"“ zugestanden.
Die Vorbildung der Kandidaten des geistlichen Standes wurde in der Weise
geregelt, daß die Errichtung katholisch-theologischer Fakultäten vorgesehen wurde,
an deren (dreijährigem) Besuch sich ein Jahr praktischer Tätigkeit in einem Priester-
seminar anschließen sollte. In das Seminar konnten nur diejenigen ausgenommen
werden, welche die von den Staats= und bischöflichen Behörden gemeinschaftlich zu lei-
tende Prüfung gut bestanden und zur Erlangung des landesherrlichen Tischtitels
würdig befunden wurden.
Die Verordnung vom 30. Januar 1830 begegnete auf seiten der römischen
Kurie einem heftigen Widerstand, der sich in verschiedenen päpstlichen Erlassen und
Noten äußerte, auch innerhalb der Versammlung der Landstände zum Gegenstand
der Erörterung gemacht wurde.
Die Regierungen der beteiligten Staaten ließen sich denn auch, nachdem die Bi-
schöfe der oberrheinischen Kirchenprovinz gestützt auf die Beschlüsse der im November
1848 zu Würzburg abgehaltenen deutschen Bischofskonferenz ihre Wünsche in Form
einer Denkschrift zusammengefaßt hatten, mitbeeinflußt durch die politischen Ereig-
nisse der Jahre 1848 und 1849, zu weiteren Verhandlungen herbei, die dazu führten,
daß für Baden durch eine landesherrliche VO. vom 1. März 1853 3) ein Teil der
1) Abgedruckt bei Friedberg, Staat und Bischofswahlen 1,1 S. 246. Vgl. auch Joos
a. a. O. S. 701 und Wielandt a. a. O. S. 331.
2) Reg. Bl. Nr. 3.
3) Reg. Bl. S. 51.