§ 138 Dierechtl. Stellung d. röm. -kath. u. d. ver. ev.-prot. Kirche. Allgemeine Grundsätze. 467
gebracht werden und nur dann, wenn sie von der zuständigen Staatsbehörde für
vollzugsreif erklärt worden sind 1). Ueber den hiermit beibehaltenen recursus ab
abusu entscheidet ebenfalls das oben genannte Ministerium.
4. Der Staat hat sich jedoch auf dem Gebiete der kirchlichen Verwaltung noch
eine Reihe von besonderen Befugnissen vorbehalten. Dies gilt zunächst hin-
sichtlich der später zu erörternden Vermögensverwaltung; die staatliche Einwirkung
macht sich aber in erheblichem Umfange auch bezüglich der Aemterbesetzung geltend,
und sie ist von weitgehendster Bedeutung gegenüber der Einführung religiöser Orden.
a) Die Aemterverleihnung ist im Gesetze zwar ausdrücklich als ein Recht
der Kirche anerkannt. Es sind jedoch nicht nur die auf besonderen rechtlichen Titeln
beruhenden entgegenstehenden Einzelberechtigungen aufrecht erhalten geblieben,
sondern es wurden auch unabhängig davon im staatlichen Interesse gewisse Voraus-
setzungen aufgestellt, die erfüllt sein müssen, wenn die Kirche von ihrem Rechte Ge-
brauch machen will.
Zu den Vorbehalten gehören, abgesehen von der Befugnis des Staates zur Be-
stellung seiner Anstaltsgeistlichen, die Rechte, die dem Staate aus der Bulle ad domi-
nici gregis custociam und dem Breve re sacra erwachsen, sowie die aus Patronats-
verhältnissen sich ergebenden Ernennungsrechte 2). Was die letzteren angeht, die das
Gesetz unrichtig als Privatrechte bezeichnet, so ist die Handhabung der vom Staats-
oberhaupt in Anspruch genommenen Patronatsrechte hinsichtlich der katholischen
Pfarreien nach Abschluß einer Vereinbarung mit der erzbischöflichen Kurie durch eine
landesherrliche V O. vom 25. November 1861 8) in der Weise geregelt worden, daß
für 304 Stellen der landesherrliche Patronat, für 163 das erzbischöfliche Ernennungs-
recht anerkannt und für die restierenden 132 Stellen besondere Bestimmungen getrof-
fen wurden. Für die Ausübung der übrigen Patronatsrechte sind die Anordnungen
der landesherrlichen V O. vom 24. März 1808 über die Ausübung der Kirchenlehens-
herrlichkeit maßgebend 7).
Allgemeine Voraussetzung für die Uebernahme eines geistlichen Amtes ist der
Besitz oder die Erwerbung der badischen Staatsangehörigkeit.
Ferner ist die Zulassung zu einem Kirchenamt oder zur öffentlichen Ausübung
kirchlicher Funktionen durch den Nachweis einer allgemein wissenschaft-
lichen Vorbildung bedingt. Dazu wird regelmäßig erfordert, daß der Kandidat
Zeugnisse über die von ihm bestandene Abiturienten= oder Maturitätsprüfung und den
dreijährigen Besuch einer deutschen Universität, sowie darüber vorlegt, daß er während
seines Universitätsstudiums auch einige Vorlesungen aus dem Lehrkreise der philo-
1) & 16 des Ges. Die Staatsbehörde hat zu prüfen, ob das Erkenntnis den mit ihrer Ge-
nehmigung (5§ 15) erlassenen kirchlichen Vorschriften entspricht. Ist dies aber der Fall, so bedarf
es, da die Vollstreckung einer Disziplinarstrafe in Frage steht, einer speziellen staatsgesetzlichen
Ermächtigung zur Anordnung der verlangten Maßregel nicht mehr. Anderer Ansicht die Motive
zum Ortskirchensteuergesetz vgl. unten § 140:; siehe außerdem bei Spohn a. a. O. die bei 8 16
des Ges. abgedruckten Materialien.
2) Ueber die Patronatsrechte vgl. die beiden Abhandlg. von Dr. R. Gönner u. Dr. J. Sester:
Der Kirchenpatronat in Baden, in den kirchenrechtl. Abbandlungen von Stutz Heft 10 u. 11.
3) Reg. Bl. S. 443. Das für die 132 Pfarreien (Ternapfarreien) vorbehaltene Verfahren
besteht darin, daß die Regierung dem Ordinariat die Bewerbungen mitteilt unter Ausscheidung
der „mißfälligen“", worauf das Ordinariat aus der noch vorhandenen Zahl drei Bewerber aus-
wählt, von denen der Landesherr einen designiert.
4) Reg. Bl. Nr. 12. .
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