Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

474 Die innere Verwaltung. Die geistige Verwaltung. 8 140 
  
haltung und Neubau der Pfarrkirchen und Pfarrhäuser, Anschaffung und Unterhal- 
tung der nach den Satzungen oder Gebräuchen jeder Kirche für den Pfarrgottesdienst, 
für kirchliche Feierlichkeiten der Gemeinde und für die Ausübung der anderweiten 
seelsorglichen Verrichtungen nötigen Gerätschaften und sonstigen Erfordernisse; Be- 
lohnung der sogenannten niederen kirchlichen Bediensteten (Küster, Organisten 
usw.); Entschädigung für abzulösende Stolgebühren. Für die Ausstattung neu zu 
errichtender geistlicher Aemter ist die Besteuerung nur mit Genehmigung des Staats- 
ministeriums gestattet. 
Die Steuererhebung soll immer nur ergänzend eintreten, wenn für die betreffenden 
Bedürfnisse nicht anderweite Mittel zur Verfügung stehen. 
Die Entscheidung über die Einführung der Steuer liegt in der Hand der Kirchen- 
gemeindeversammlung, die aus allen im Vollbesitze der Rechtsfähigkeit und der bürger- 
lichen Ehrenrechte befindlichen, mindestens 25 Jahre alten, männlichen Angehörigen 
des betreffenden Bekenntnisses besteht, die im Kirchspiel ihren dauernden Aufenthalt 
haben und eine selbständige Lebensstellung einnehmen. Ausgeschlossen von der 
Stimmberechtigung sind Personen, die wegen gewisser Handlungen strafrechtlich ver- 
urteilt oder in Untersuchung gezogen sind, desgleichen Personen, gegen welche das 
Konkursverfahren eröffnet ist, oder die mit der Zahlung ihrer kirchlichen Steuern im 
Rückstand sind. Nicht zur Kirchengemeinde zählen die einem Militärverband ange- 
hörenden Personen. In Gemeinden mit mehr als 80 Gemeindegenossen tritt an die 
Stelle der Gemeindeversammlung eine zu wählende Gemeindevertretung, der dann 
die Mitglieder derjenigen Behörde, die das örtliche Kirchenvermögen zu verwalten 
hat, kraft Gesetzes als Mitglieder angehören. Der die Steuererhebung verfügende 
Gemeindebeschluß bedarf der staatlichen Genehmigung. 
Die aus den Steuern eingehenden Beträge bilden ebenso wie das sonstige Ver- 
mögen der Kirchengemeinde einen Teil des „örtlichen Kirchenvermögens“. Sie werden 
wie dieses verwaltet; für gewisse wichtigere Rechtshandlungen ist jedoch in all den 
Fällen, in denen es zur Bildung einer Gemeindeorganisation nach Maßgabe des Orts- 
kirchensteuergesetzes gekommen ist, die Zustimmung der Kirchengemeinde, bezw. 
deren Vertretung,, erforderlich. 
Gelangen in einer Kirchengemeinde, für die eine Vertretung gewählt worden ist, 
Kirchensteuern nicht mehr zur Erhebung, so kann bei beiderseitigem Einverständnis 
der oberen kirchlichen und der staatlichen Behörde die Gemeindevertretung aufgelöst 
werden und deren Neubildung bis auf weiteres unterbleiben. In analoger Weise 
können auch die entsprechenden Befugnisse der Kirchengemeindeversammlung als 
ruhend erklärt werden 1). 
Zum Zwecke der Geltendmachung des Besteuerungsrechtes können mit staat- 
licher und kirchlicher Genehmigung auch mehrere Gemeinden zu einer Gesamtkirchen- 
gemeinde vereinigt werden. 
b) Steuerpflichtigkeit und Steuerfuß::2). Die Grundlage für 
die Bestimmung der örtlichen Kirchensteuer bilden die für die direkte Besteuerung 
1) Besitzt die betr. K. Gde. aber eigenes Vermögen, so bedarf diese Maßregel der Zustim- 
mung der Majorität der Mitglieder der Gemeinde bez. der Vertretung. Art. 10 des Ges. 
2) Art. 12—21 des Ges.
	        
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