140 Kirchliche Besteuerung. 477
Kirchen eine Voranschlags= und Rechnungsanweisung erlassen worden. Für die evan-
gelische Kirche waren weitere Anordnungen nicht nötig, da deren Verfassung bereits
die genügende Vorsorge getroffen hatte 1).
8) Ueber die Streitigkeiten, die sich hinsichtlich der Beiträge und persönlichen
Leistungen zu den Kosten der Kirchenverbände ergeben, entscheiden die Verwaltungs-
gerichte; der Verwaltungsgerichtshof als einzige Instanz ist ferner zur Entscheidung
berufen bei Streitigkeiten über die Verpflichtung örtlicher Kirchenfonds zu Beiträgen
für Kirchenbauten, über Auseinandersetzungen von Kirchenverbänden, über die Stimm-
berechtigung in den Gemeindeversammlungen, über Wahlrecht und Wählbarkeit zu
den Vertretungen und über die Gültigkeit angefochtener Wahlen, endlich über Klagen
wegen ungerechtfertigter Auflagen oder Aufhebung von Beschlüssen 2).
3. Die Besteuerung für allgemeine kirchliche Bedürf-
nisse.
a) Voraussetzungens). Auch mit der Einführung der hier in Frage
steheinden Einrichtung wollte der Staat den Kirchen nur die Möglichkeit der Erhebung
einer allgemeinen Kirchensteuer in zweifelloser Weise an die Hand geben unter bin-
dender Zusicherung seiner Mithilfe. Die bezüglichen Vorschriften finden deshalb auf
eine Kirche nur dann Anwendung, wenn dieselbe ausdrücklich darum nachsucht.
Die Festsetzung des Beginnes der Wirksamkeit des Gesetzes für die einzelnen Kirchen
ist der landesherrlichen VO. vorbehalten. Für die evangelische Kirche ist eine solche
VO. unterm 15. Februar 1893, für die katholische unterm 11.Dezember 1899 ergangen ).
Als allgemeine bkirchliche Bedürfnisse gelten jedenfalls: der Aufwand
für die obersten kirchlichen Landesbehörden, für die Einrichtungen der mit dem Staate
gemeinsam zu führenden Vermögensverwaltungen, für die allgemeine technische
Verwaltung des kirchlichen Bauwesens; die Kosten für Abhaltung von Versammlungen
für allgemeine Kirchenangelegenheiten; die Aufbesserung gering besoldeter Kirchen-
diener; der Aufwand an Ruhe= und Unterstützungsgehalten der Geistlichen und kirch-
lichen Beamten, sowie an Sterbegehalt, Witwen= und Waisengeld für deren Hinter-
bliebenen; die Ausstattung neu zu errichtender örtlicher geistlicher Aemter, soweit
nicht hier für die örtliche Besteuerung eintritt.
Auch für die allgemeine kirchliche Besteuerung gilt der Grundsatz der Subsidi-
arität, ebenso der Ausschluß der im Militärkirchenverbande stehenden Personen. End-
lich ist zur Begründung der Steuerpflicht erforderlich, daß ein dahin gehender Antrag
der obersten Kirchenbehörde von einer aus der Wahl der Kirchengenossen hervorge-
gangenen kirchlich geordneten, staatlich anerkannten, Vertretung gutgeheißen und
seitens der Staatsbehörde (St. Minist.) genehmigt wird 5).
1) Vergl. die Ldh. VO. vom 12. Okt. 1888 (G.u. VOl. S. 589), die Zuständigkeit der Be-
hörden bestimmend; VO. v. 12. Mai 1890, betr. die Kirchengemeindevertretung für die kathol.
Kirchengemeinde (G.u. VOl. S. 167), u. vom gl. Tage (S. 170); über die Bestellung der kath.
Stiftungsräte vom 26. Nov. 1890 (G.u. VOl. S. 753); ferner die VO. v. 15. Mai 1908 (G. u.
VOl. S. 219), für die Erhebung der kath. Kirchensteuern u. VO. v. 1. Mai 1908 (G.u. VOl.
S. 117) für die Erhebung der evangel. Kirchensteuern.
2) &2 Ziff. 24 VRofl Ges.; Art. 38 des Ges.; §& 5 der Ldh. VO. vom 5. Okt. 1888 (6 3
Ziff. 7 u. 10, § 4 Ziff. 2 VRf G.).
3) Art. 1—5 des Ges.
4) G.u. VO l. 1893 S. 23, 1899 S. 449.
5) Der Beschluß der Kirchenvertretung hat sowohl den durch Steuern aufzubringenden Be-
trag als die Art der Verwendung zu bestimmen.