§ 113 Die evangelisch-protestantische Landeskirche. 183
kraft Gesetzes die Mitglieder des Kirchengemeinderates. Stimmberechtigt und wähl-
bar sind alle selbständigen Männer der Kirchengemeinde, die das 25. Lebensjahr
vollendet haben und nicht aus den vom Gesetz bezeichneten besonderen Gründen von
der Berechtigung ausgeschlossen oder an deren Ausübung gehindert sind 1). Die Wahl
erfolgt auf sechs Jahre; alle drei Jahre tritt die Hälfte aus.
Die Kirchengemeindeversammlung wählt die Kirchenältesten (die weltlichen Mit-
glieder des Kirchengemeinderates) und wirkt bei der Besetzung der Pfarrstellen mit.
Alle wichtigeren Angelegenheiten sind ihr zur Kenntnisnahme und Besprechung mit-
zuteilen; außerdem bedürfen eine Reihe von Entschließungen des Gemeinderates
zum Vollzuge ihrer Zustimmung. (Grundstocksveräußerungen, Feststellung neuer
Beamtengehälter, der Voranschläge usw., Anlehensaufnahmen, Anstellung und Ent-
lassung des Rechners). Die Verhandlungen sind in der Regel öffentlich. Bei Dissens
mit dem Gemeinderat kann die Versammlung die Entscheidung der Gesamtheit der
stimmberechtigten Gemeindeglieder anrufen; andererseits unterliegt die Versamm-
lung der Auflösung durch den Oberkirchenrat.
Der Kirchengemeinderat besteht aus den ein Pfarramt verwaltenden
Geistlichen, deren Dienstältester den Vorsitz führt, und mehreren im Ehrenamte tä-
tigen Kirchenältesten. Das Amt der letzteren, deren Zahl zwischen 4 und 16 schwan-
ken kann, dauert sechs Jahre; alle drei Jahre tritt die Hälfte aus. Wählbar sind alle
stimmberechtigten Gemeindemitglieder, die das 30. Lebensjahr vollendet haben 2).
Dem Kirchengemeinderat, der sich auf Einladung seines Vorsitzenden in der
Regel einmal monatlich versammelt, ist die Sorge für das sittliche, religiöse und kirch-
liche Wohl der Gemeinde und die Verwaltung der Angelegenheiten derselben anver-
traut. Ihm obliegt auch die kirchliche Armen= und Krankenpflege, sowie die Fürsorge
für die Verwahrlosten und bürgerlich Bestraften. Er kann hierfür ehrenamtlich tätige
Gemeindehelfer (Diakone) anstellen.
3. Die Diözesangemeindes). Sie wird gebildet durch die Kirchen-
gemeinden einer Diözese, deren Umfang der Oberkirchenrat vorbehaltlich der Zu-
stimmung der Generalsynode festsetzt.
Die Vertretung der Diözesangemeinde geschieht durch die Diözesansynode,
die aus den ein Pfarramt verwaltenden Geistlichen der Diözese und einer gleichen
Anzahl von Kirchenältesten besteht, welche von den weltlichen Mitgliedern der Kirchen-
gemeinderäte aus ihrer Mitte oder aus der Zahl der früheren Aeltesten auf die Dauer
von zwei Jahren gewählt werden. Den Vorsitz führt ein von der Synode aus dem
Kreise der geistlichen Mitglieder auf sechs Jahre gewählter, vom Oberkirchenrate
zu bestätigender Dekan#yg. Die Diözesansynode versammelt sich in der Regel ein-
mal im Jahr; sie hat sich vor allem mit der Erwägung der den kirchlichen und sittlichen
Zustand der Diözese betreffenden Erfahrungen und Bedürfnisse besonders in bezug
1) 514 der Verf. Als ausgeschlossen vom Stimmrecht können insbes. auch solche Personen
erklärt werden, die wegen Verachtung der Religion oder der evangel. Kirche oder wegen unehr-
baren Lebenswandels öffentliches Aergernis gegeben haben (K. Ges. v. 17. Dez. 1904).
2) Die Verweigerung der Annahme eines Ehrenamtes wird mit dreijähriger Entziehung des
Stimmrechtes geahndet. § 35 der K. Verf. Aus besonderen in der Verf. (§ 34) genannten
Gründen können die Kirchenältesten vom Diözesanausschuß ihres Amtes entsetzt werden.
3) && 46—59 K. Verf.
4) Ueber die Funktionen des Dekans vergl. § 106 f. der K. Verf.
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