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lassung eines unwiderruflich angestellten Rabbiners ist das Kultusministerium 1).
3. Hinsichtlich der Handhabung des Besteuerungsrechtes, das der
israelitischen Religionsgemeinschaft bereits durch das Edikt des Jahres 1809 einge-
räumt worden war, gelten auch heute noch nach Einführung der neuen staatlichen
Kirchensteuergesetze gewisse Eigenheiten 2).
Die allgemeinen Bedürfnisse der Gemeinschaft werden nach den Grund-
sätzen des Landeskirchensteuergesetzes ausgebracht. Der Aufwand für die Bezirks-
bedürfnisse wird nach Maßgabe der für die allgemeine Besteuerung festgestellten
Steuerwerte auf die zu den Bezirksverbänden gehörenden Gemeinden umgelegt.
Zur Bestreitung der örtlichen Bedürfnisse sind alle männlichen, im Ge-
meindegebiete wohnenden reichsangehörigen Israeliten verpflichtet, die im Lande
eine direkte Staatssteuer bezahlen, oder einen eigenen Hausstand führen, oder ein
Gewerbe betreiben 3).
Der Beizug erfolgt nach Beitragsklassen, in welche die Steuerpflichtigen nach
ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch die Synagogenräte, in den größeren
Gemeinden durch besondere Schätzungskommissionen, eingereiht werden. Gegen die
Einreihung ist die Berufung an ein besonderes Schiedsgericht zulässig, vorbehaltlich
der Zuständigkeit des Verw. Ger. Hofes ).
Solange die Geistlichen der beiden Kirchen aus staatlichen Mitteln Zuschüsse erhalten,
wird im Staatsbudget auch ein entsprechender Betrag zur Aufbesserung der Gehalte
der Rabbiner vorgesehen. Außerdem gewährt der Staat einen Zuschuß zur teilweisen
Deckung der Kosten der Zentralverwaltung der israelitischen Religionsgemeinschaft 5).
§ 45. Die sonstigen Religionsgesellschaften. Dieselben unterstehen den für
Vereine geltenden Grundsätzen. Das Gesetz erkennt ihnen nur das Recht der freien
gemeinsamen Gottesverehrung zu, jedoch nicht die Befugnis zur Abhaltung öffent-
licher Gottesdienste. Eine Ausnahme greift nur Platz bezüglich der „Deutschkatho-
liken“, denen zwar nicht die Eigenschaft einer öffentlichen Korporation aber doch das
Recht der öffentlichen Gottesverehrung zuerkannt ist 5).
Als besondere Religionsgemeinschaften kommen in Betracht weiter noch die
ausgetretenen Lutheraner?), die Herrnhuter und Neuteufer, die Mennoniten, denen
wie früher erwähnt, der Gebrauch einer besonderen Eidesformel gestattet ist, die Me-
thodisten und die aus der Judenschaft Badens ausgetretenen israelitischen Gemeinden,
deren Satzungen durch ministerielle Entschließungen genehmigt sind #).
1) Vergl. die V O. des Ob. R. v. 30. Nov. 1904.
2) Ueber das ältere Recht vgl. die VO. des M. d. J. v. 26. Juni 1826 u. v. 30. Jan. 1849
(in den Kreis VO Blättern) des M. der Justiz usfw. v. 31. Oktober 1883 (VOl. des OR. S. 2).
3) An die frühere Verbindung mit dem Ortsbürgerrecht erinnert die Vorschrift, daß der
Pflichtige, der aus einer nicht der St O. unterstehenden Gemeinde austritt, wenn er dort 2 Jahre
Steuern bezahlt hat, noch 2 Kalenderjahre hindurch pflichtig ist.
4) Ueber die Verwaltung und Rechnungsführung der israelit. Kultusstiftungen vergl.: VO.
d. M. des J. des K. u. Unterr. vom 3. Juni 1905 (G.u. VO#l. S. 313).
5) Im Staatsbudget 1908/9 15 400 M. und 7500 M.
6) St. M. Entschl. v. 20. April 1846 u. v. 19. Mai 1848.
7) St.M. Ent. v. 18. Mai 1856.
8) Aus der Reihe der religiösen Vereine haben die aus den Deutschkatholiken hervorgegan-
enen „Freireligiösen Vereinigungen“ in der letzten Zeit wiederholt den Anspruch erheben, daß ihr
ekenntnis bei der Besetzung der Hauptlehrerstellen Berückiichtigung erfahre. Die Eigenschaft
einer „mit Korporationsrechten ausgestatteten Religionsgesellschaft“ besitzt auch die Herruhuter-
gemeinde Königsfeld St. A. 1902 S