Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

145 Die sonstigen Religionsgesellschaften. 189 
  
  
lassung eines unwiderruflich angestellten Rabbiners ist das Kultusministerium 1). 
3. Hinsichtlich der Handhabung des Besteuerungsrechtes, das der 
israelitischen Religionsgemeinschaft bereits durch das Edikt des Jahres 1809 einge- 
räumt worden war, gelten auch heute noch nach Einführung der neuen staatlichen 
Kirchensteuergesetze gewisse Eigenheiten 2). 
Die allgemeinen Bedürfnisse der Gemeinschaft werden nach den Grund- 
sätzen des Landeskirchensteuergesetzes ausgebracht. Der Aufwand für die Bezirks- 
bedürfnisse wird nach Maßgabe der für die allgemeine Besteuerung festgestellten 
Steuerwerte auf die zu den Bezirksverbänden gehörenden Gemeinden umgelegt. 
Zur Bestreitung der örtlichen Bedürfnisse sind alle männlichen, im Ge- 
meindegebiete wohnenden reichsangehörigen Israeliten verpflichtet, die im Lande 
eine direkte Staatssteuer bezahlen, oder einen eigenen Hausstand führen, oder ein 
Gewerbe betreiben 3). 
Der Beizug erfolgt nach Beitragsklassen, in welche die Steuerpflichtigen nach 
ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch die Synagogenräte, in den größeren 
Gemeinden durch besondere Schätzungskommissionen, eingereiht werden. Gegen die 
Einreihung ist die Berufung an ein besonderes Schiedsgericht zulässig, vorbehaltlich 
der Zuständigkeit des Verw. Ger. Hofes ). 
Solange die Geistlichen der beiden Kirchen aus staatlichen Mitteln Zuschüsse erhalten, 
wird im Staatsbudget auch ein entsprechender Betrag zur Aufbesserung der Gehalte 
der Rabbiner vorgesehen. Außerdem gewährt der Staat einen Zuschuß zur teilweisen 
Deckung der Kosten der Zentralverwaltung der israelitischen Religionsgemeinschaft 5). 
§ 45. Die sonstigen Religionsgesellschaften. Dieselben unterstehen den für 
Vereine geltenden Grundsätzen. Das Gesetz erkennt ihnen nur das Recht der freien 
gemeinsamen Gottesverehrung zu, jedoch nicht die Befugnis zur Abhaltung öffent- 
licher Gottesdienste. Eine Ausnahme greift nur Platz bezüglich der „Deutschkatho- 
liken“, denen zwar nicht die Eigenschaft einer öffentlichen Korporation aber doch das 
Recht der öffentlichen Gottesverehrung zuerkannt ist 5). 
Als besondere Religionsgemeinschaften kommen in Betracht weiter noch die 
ausgetretenen Lutheraner?), die Herrnhuter und Neuteufer, die Mennoniten, denen 
wie früher erwähnt, der Gebrauch einer besonderen Eidesformel gestattet ist, die Me- 
thodisten und die aus der Judenschaft Badens ausgetretenen israelitischen Gemeinden, 
deren Satzungen durch ministerielle Entschließungen genehmigt sind #). 
1) Vergl. die V O. des Ob. R. v. 30. Nov. 1904. 
2) Ueber das ältere Recht vgl. die VO. des M. d. J. v. 26. Juni 1826 u. v. 30. Jan. 1849 
(in den Kreis VO Blättern) des M. der Justiz usfw. v. 31. Oktober 1883 (VOl. des OR. S. 2). 
3) An die frühere Verbindung mit dem Ortsbürgerrecht erinnert die Vorschrift, daß der 
Pflichtige, der aus einer nicht der St O. unterstehenden Gemeinde austritt, wenn er dort 2 Jahre 
Steuern bezahlt hat, noch 2 Kalenderjahre hindurch pflichtig ist. 
4) Ueber die Verwaltung und Rechnungsführung der israelit. Kultusstiftungen vergl.: VO. 
d. M. des J. des K. u. Unterr. vom 3. Juni 1905 (G.u. VO#l. S. 313). 
5) Im Staatsbudget 1908/9 15 400 M. und 7500 M. 
6) St. M. Entschl. v. 20. April 1846 u. v. 19. Mai 1848. 
7) St.M. Ent. v. 18. Mai 1856. 
8) Aus der Reihe der religiösen Vereine haben die aus den Deutschkatholiken hervorgegan- 
enen „Freireligiösen Vereinigungen“ in der letzten Zeit wiederholt den Anspruch erheben, daß ihr 
ekenntnis bei der Besetzung der Hauptlehrerstellen Berückiichtigung erfahre. Die Eigenschaft 
einer „mit Korporationsrechten ausgestatteten Religionsgesellschaft“ besitzt auch die Herruhuter- 
gemeinde Königsfeld St. A. 1902 S
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.