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Das Militärwesen. 493
halten, solange nicht Reichsabzeichen an die Stelle treten 1).
Die Aufstellung von Wachen und Posten außer bei den dem Militär zugewiesenen
Etablissements und im unmittelbaren Dienst der Truppenabteilungen, die Abhaltung
von Paraden, Uebungen und Aufstellung von Truppen außerhalb der dem Militär dazu
eingeräumten Uebungsplätze und Schießstände, auf öffentlichen Straßen, Plätzen und
Anlagen ist durch die vorgängige Zustimmung der Zivilbehörde bedingt 2).
Ueber das Reqguisitionsrecht für polizeiliche Zwecke ist oben bereits ge-
sprochen worden.
3. Gegenüber den badischen Staatsangehörigen stehen dem Großherzoge
noch gewisse besondere pers önliche Militärhoheitsrechte zu. So haben
die badischen Untertanen, wenn sie ihre gesetzliche Wehrpflicht erfüllen, unab-
hängig von der Kontingentszugehörigkeit oder dem Standorte des Truppenteils,
in dem sie dienen, den Fahneneid in der vor der Reichsgründung üblichen
Weise dem Großherzoge zu leisten, allerdings unter Einschaltung der Verpflich-
tung zum Gehorsam gegen den Kaiser?). Ferner sollen bei der Ausübung des
dem König von Preußen als dem Inhaber der Militärgerichtsbarkeit zustehenden
Begnadigungsrechtes hinsichtlich der badischen Staatsangehörigen die Wünsche
des Großherzogs tunlichste Berücksichtigung finden; bei der militärgerichtlichen
Verurteilung von Badenern wegen nichtmilitärischer Vergehen ist das Recht der
Begnadigung dem Großherzoge vollständig überlassen 5.
4. Die durch die Mil.-Konvention den Angehörigen Preußens und
Badens auf verschiedenen Rechtsgebieten wechselweise eingeräumte rechtliche Son-
derstellung ist nur noch für die Gemeindebesteuerung von praktischer Bedeutung 5).
5. Die seit dem Jahre 1804 im Großherzogtum bestehende Militär-
witwenkasse blieb auch nach dem Abschluß der Konvention mit Preußen als
besondere badische Anstalt aufrechterhalten. Die eine, für die Offiziere bestimmte,
Abteilung (erste Klasse) derselben wurde am 1. Juli 1871 geschlossen #), die An-
wartschaft gegenüber der zweiten, der Hinterbliebenenversorgung der Unter-
offiziere und Mannschaften badischer Staatsangehörigkeit dienenden Abteilung
(zweite Klasse) wurde durch das Gesetz vom 2. Sept. 1908 für alle diejenigen
Militärpersonen ausgehoben, deren Ehe nicht schon vor Verkündigung dieses Ge-
setzes geschlossen worden. Zugleich wurden die seither getrennten Vermögen der
beiden Klassen vereinigt und die Zahlung von Beiträgen zur ersten Klasse für
die ausschließlich in dieser Klasse versorgten Hinterbliebenen aufgehoben. Die
Verwaltung der Kasse, welche zur Auszahlung der vor der Schließung fällig
1) Art. 11 Abs. 2.
2) § 96, vergl. auch § 36 wegen der bisher üblichen Bewachung einzelner Strafanstalten.
Mil. Konv. Art. 13.
3) Mil. K. Art. 3 Abs. 3. RV. Art. 64.
4) Mil. K. Art. 14 Abs. 3 und Schluß Prot. Ziff. 8.
5) Mil. K. Art. 15. Vgl. die Bestimmungen des BG#B. u. des Ges. v. 4. Aug. 1902 betr.
die Ueberleitung der ehelichen Güterstände (G. u. VOBl. S. 235). Ferner Ges. v. 16. Mai 1888
und oben im Terxt § 93.
6) Vergl. Militär Konv. Schlußprotokoll Ziff. 10 u. Sonderabkommen mit Preußen v. 10.
Mai 1871 (St A. 1876 S. 253); Ges. v. 25. Juli 1876 (G.u. VOl. S. 208). Ges. v. 2. Sept.
1908 (G.u. VOl. S. 503).