Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

Anhang: Verfassungsurkunde 88 58—61. 503 
  
nahme gültig zu machen. Dem nächsten Landtag werden die gepflogenen Verhand- 
lungen vorgelegt. 
8 58. (1.) Es darf keine Domäne ohne Zustimmung der Stände veräußert werden. 
Ausgenommen sind die zu Schuldentilgungen bereits beschlossenen Veräußerungen, 
Ablösungen von Lehen, Erbbeständen, Gülten, Zinsen, Frohndiensten, Verkäufe von 
entbehrlichen Gebäuden, von Gütern und Gefällen, die in benachbarten Staaten 
gelegen sind, und alle Veräußerungen, die aus staatswirtschaftlichen Rücksichten zur 
Beförderung der Landes-Kultur oder zur Aufhebung einer nachteiligen eigenen Ver- 
waltung geschehen. Der Erlös muß aber zu neuen Erwerbungen verwendet oder der 
Schuldentilgungs-Kasse zur Verzinsung übergeben werden. 
(2.) Ausgenommen sind auch Täusche und Veräußerungen zum Zwecke der Be- 
endigung eines, über Eigentums= oder Dienstbarkeits-Verhältnisse anhängigen, Rechts- 
streits; ferner die Wiedervergebung heimgefallener Thron--, Ritter= und Kammer- 
lehen während der Zeit der Regierung des Regenten, dem sie selbst heimgefallen sind. 
(3.) Da durch diesen und den 9 57 der Zweck der pragmatischen Sanktion über 
Staatsschulden und Staatsveräußerungen vom 1. Oktober 1806 und vom 18. November 
1808 vollständig erreicht ist, so hört die Verbindlichkeit derselben mit dem Tage auf, 
wo die landständische Verfassung in Wirksamkeit getreten sein wird. 
§ 59. (1.) Ohngeachtet die Domänen nach allgemein anerkannten Grundsätzen 
des Staats= und Fürstenrechts unstreitiges Patrimonial Eigentum des Regenten und 
seiner Familie sind, und Wir sie auch in dieser Eigenschaft, vermöge obhabender 
Pflichten als Haupt der Familie, hiermit ausdrücklich bestätigen, so wollen Wir dennoch 
den Ertrag derselben, außer der darauf radizierten Zivilliste und außer andern darauf 
haftenden Lasten, so lange Wir Uns nicht durch Herstellung der Finanzen in dem Stand 
befinden werden, Unsere Untertanen nach Unserm innigsten Wunsche zu erleichtern, 
— der Bestreitung der Staatslasten ferner belassen. 
(2.) Die Zivilliste kann, ohne Zustimmung der Stände, nicht erhöht und, ohne 
Bewilligung des Großherzogs, niemals gemindert werden. 
§ 60. (Gesetz vom 24. August 1904.) Nachstehende, die Finanzen betreffenden 
Vorlagen gehen zunächst an die zweite Kammer: 
1. Die Nachweisungen über den Vollzug der Staatsausgaben und -Einnahmen 
(Rechnungsnachweisungen) und die vergleichenden Darstellungen der Budgetsätze mit 
den Rechnungsergebnissen; 
2. Gesetzentwürfe, welche über die Verwaltung der Staatsausgaben und Ein- 
nahmen oder über die direkten und indirekten Staatssteuern dauernde Bestimmungen 
treffen; 
3. der Eutwurf des Finanzgesetzes (Auflagengesetzes, §§ 54 und 55) nebst dem 
Staatsvoranschlag (Staatsbudget), sowie sonstige Entwürfe über Bestimmung der 
Steuersätze für eine Budgetperiode, über Veräußerung, Belastung oder Verwendung 
des Staats= oder Domänenvermögens, über Aufnahme von Anlehen, Uebernahme 
von Staatsbürgschaften oder von sonstigen Staatsverbindlichkeiten ähnlicher Art. 
§ 61. (Gesetz vom 24. August 1904.) (1I.) Ueber die in § 60 Ziffer 1 bezeichneten 
Vorlagen findet eine Beschlußfassung der ersten Kammer statt, nachdem die zweite 
Kammer darüber beschlossen hat. 
(2.) Ueber die in § 60 Ziffer 2 und 3 bezeichneten Entwürfe wird von der ersten 
Kammer erst beschlossen, nachdem sie von der zweiten Kammer angenommen worden 
sind, unbeschadet der Befugnis der ersten Kammer, über die einzelnen Teile des Staats- 
voranschlags gesondert zu beschließen, sobald die Beschlußfassung der zweiten Kammer 
darüber erfolgt ist. 
(3.) Weichen hinsichtlich der einzelnen Positionen des Staatsvoranschlags (Staats- 
budgets) die Beschlüsse der ersten Kammer von denen der zweiten ab und ist auch bei 
wiederholter Beschlußfassung beider Kammern und nach vorausgegangenem Ver- 
ständigungsversuch gemäß § 75 Absatz 2 eine Ausgleichung der Verschiedenheiten nicht 
zu erzielen, so werden diese Positionen in den dem Finanzgesetz anzuschließenden 
Staatsvoranschlag so eingestellt, wie sich bei der endgültigen Beschlußfassung die zweite 
Kammer dafür ausgesprochen hat. 
(4.) Lehnt die erste Kammer einen von der zweiten Kammer angenommenen 
Entwurf der in §& 60 Ziffer 3 bezeichneten Art im ganzen ab, so wird auf Verlangen
	        
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