Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

Anhang: Verfassungsurkunde §§§ 76—83. 507 
  
  
(3.) Beide Kammern beschränken sich in ihrem Verhältnis zueinander auf die 
gegenseitige Mitteilung ihrer Beschlüsse. » 
(4.) Sie stehen nur mit dem Großherzoglichen Staats-Ministerium in unmittel- 
barer Geschäftsberührung; sie können keine Verfügungen treffen oder Bekanntma- 
chungen irgend einer Art erlassen. 
(5.) Deputationen dürfen sie nur, jede besonders, nach eingeholter Erlaubnis, 
an den Großherzog abordnen. 
§6 76. (Gesetz vom 21. Dezember 1869.) (1.) Die Minister und Mitglieder des 
Staatsministeriums und Großherzoglichen Kommissarien haben jederzeit bei öffent- 
licher und geheimer Sitzung der Kammern Zutritt und müssen bei allen Diskussionen 
gehört werden, wenn sie es verlangen. 
(2.) Wenn eine Vorberatung in einem besonderen Ausschuß stattfindet, so treten 
zur vorläufigen Erörterung der Entwürfe die landesherrlichen Kommissarien mit den 
ständischen Ausschüssen zusammen, so oft es von der einen oder anderen Seite für 
notwendig erachtet wird. Keine wesentliche Abänderung in einem Gesetzentwurf kann 
getroffen werden, die nicht mit den landesherrlichen Kommissarien in einem solchen 
gemeinschaftlichen Zusammentritt erörtert worden ist. 
6 77. Nur den landesherrlichen Kommissarien und den Mitgliedern der ständischen 
Kommissionen wird gestattet, geschriebene Reden abzulesen; allen übrigen Mitgliedern 
sind bloß mündliche Vorträge gestattet. 
8 78. Die Sitzungen beider Kammern sind öffentlich. Sie werden geheim auf 
das Begehren der Regierungs-Kommissarien, bei Eröffnungen, für welche sie die 
Geheimhaltung nötig erachten, und auf das Begehren von drei Mitgliedern, denen 
nach dem Abtritt der Zuhörer aber wenigstens ein Viertel der Mitglieder über die 
Notwendigkeit der geheimen Beratung beitreten muß. 
8 79. (Gesetz vom 24. August 1904.) (1.) Die vierjährige Landtagsperiode zerfällt 
in zwei Sitzungsperioden von je zweijähriger Dauer. In jeder Sitzungsperiode wird 
über das Finanzgesetz Beschluß gefaßt. 
(2.) Ist der Landtag während der Sitzungsperiode aufgelöst worden, ehe über 
das Finanzgesetz Beschluß gefaßt war, so wird für den neu berufenen Landtag die 
Dauer der ersten Sitzungsperiode und der Mitgliedschaft so berechnet, wie wenn die 
Wahl bei Beginn derjenigen Sitzungsperiode, in welcher der letzte Landtag aufgelöst 
wurde, stattgefunden hätte. 
(3.) Ist die Auflösung nach der Beschlußfassung über das Finanzgesetz erfolgt, 
so wird der Rest der noch nicht abgelaufenen Sitzungsperiode der vierjährigen Land- 
tagsperiode des neuen Landtags zugeschlagen. 
(4.) Die Vorschrift des § 37 Absatz 2 findet auch im Fall der Auflösung Anwendung. 
§ 80. Bei der ersten Wahlhandlung erkennt über alle, wegen Gültigkeit der Wahlen 
entstehenden, Streitigkeiten die Landesherrliche Zentral--Kommission, die mit der 
ersten Vollziehung des Konstitutions-Gesetzes beauftragt werden wird. 
§#81. Die Zeit der Eröffnung des ersten Landtags wird auf den 1. Februar 1819 
festgesetzt. 
§ 82. (1.) Der zur Zeit der Eröffnung des ersten Landtags, wo die Konstitution 
in Wirksamkeit tritt, bestehende Zustand in allen Zweigen der Verwaltung und Gesetz- 
gebung dauert fort, bis die erste Verabschiedung mit dem Landtage in den Gegenständen 
die sich dazu eignen, getroffen sein wird. 
(2.) Insbesondere wird das erste Budget bis zur Vereinbarung mit den Ständen 
provisorisch in Vollzug gesetzt. 
§ 83. Gegenwärtige Verfassung wird unter die Garantie des deutschen Bundes 
gestellt. 
Gegeben unter Unserer eigenhändigen Unterschrift und dem beigedruckten größeren 
Staats-Siegel. 
Griesbach, den 22. August 1818. 
Carl 
(L. S.) 
Vdt. F. A. Wielandt. 
Auf Befehl Seiner Königlichen Hoheit. 
Weiß.
	        
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