817 Die rechtl. Stellung der Mitglieder der Familie des Großherzogs. 51
Im Einzelnen wäre hervorzuheben:
1. Die Mitglieder des Großherzoglichen Hauses sind der vom Großherzoge
als Familienhaupt 1) auszuübenden Hausgesetzgebung unterworfen. Diese letztere
kann insbesondere auch vom BGB. abweichende Bestimmungen erlassen, findet
jedoch an den Vorschriften der übrigen Reichsgesetze, soweit dieselben nicht Aus-
nahmen zulassen, ihre Schranke 2).
2. Dieselben bedürfen zum dauernden Aufenthalt außerhalb des Großherzog-
tums der Genehmigung des Landesherrn #).
3. Sie unterliegen unter gewissen Voraussetzungen hinsichtlich der Bestim-
mung ihrer öffentlich rechtlichen Geldbezüge den Anordnungen des Großherzoges
(s. unten).
4. Die durch Hofchargen eingenommenen Stellen im Hofstaat der Mitglieder
des Großherzoglichen Hauses werden vom Großherzog besetzt.
5. Sie bedürfen zum Eheabschluß der Einwilligung des Großherzoges 9.
6. Die minderjährigen Prinzen und Prinzessinnen des Großherzogl. Hauses
sind der Obervormundschaft des Großherzoges unterstellt 5).
III. Die den Mitgliedern des Großherzoglichen Hauses zukommenden beson-
deren Vorzüge zerfallen in sogen. Ehrenrechte und in Rechte sach-
licher Art.
Zu den ersteren gehören:
1. Recht auf Führung eines bestimmten Titels und des Großherzoglichen
Wappens.
Die ebenbürtige Gemahlin des Großherzogs führt den Titel: „Großherzogin“
und das Prädikat: „Königliche Hoheit"“, sofern ihr nicht als geborenes Mitglied
eines Kaiserlichen Hauses das Prädikat „Kaiserliche Hoheit“ zukommt. Der dem
Throne zunächst stehende Abkömmling des Großherzoges führt den Titel „Erb-
großherzog“ und das Prädikat „Königliche Hoheit.“ Die übrigen Prinzen und
Prinzessinnen führen den Titel „Großherzoglicher Prinz bezw. Prinzessin“ und
das Prädikat „Großherzogliche Hoheit“, soweit den angeheirateten Prinzessinnen
nicht kraft ihrer früheren Familienzugehörigkeit ein höheres Prädikat gebührt.
Die Prinzen haben die weiteren Titel „Markgraf von Baden, Herzog von Zäh-
ringen“, die Prinzessinnen den Titel „Markgräfin von Baden“ zu beanspruchen 9).
2. Erhöhter strafrechtlicher Schutz gegen Tätlichkeiten und Beleidigungen 7).
Die Rechte sachlicher Art bestehen in folgendem:
1. Die Prinzen des Großherzoglichen Hauses sind geborene Mitglieder der
ersten Kammer. Sie treten nach erlangter Volljährigkeit in dieselbe ein. Der
1) Eine Mitwirkung der Agnaten ist dabei nicht notwendig. Der im Großherzogtum zwar
geltende Rechtssatz, daß die Bestimmungen der Familienautonomie des Beitrittes der Agnaten be-
dürfen, gilt nur für die Familien des standes= und grundherrlichen Adels, nicht auch für das Großh.
Haus. BVgl. Dorner a. a. O. S. 521 Anm. 1.
2) REG. zum BGB. Art. 57 Abs. 1: Art. 61. Dorner-Seng da. a. O. S. 21, 438 ff.
3) Arg. Ipcnage-Ges- §5 13 Abs. 2. Vgl. ferner Seydel, Bayr. StR. 1 S 20 u. Rehm
a. a. O. S.
4) Vgl. . Texte nächste Seite Ziff. 5 b.
5) Arg. Apanage-Ges. ## 6 Abs. 2.
6) Reg. Bl. 1806 S. 59; 1807 S. 259. Ldh. VO. v. 15. Aug. 1844 Reg. Bl. S. 157.
7) RöStEGB. 96, 97. 1)